• 511 Euro Bearbeitungsgebühr durchschnittlich pro Ratenkredit
  • 159 Euro Nutzungsersatz durchschnittlich pro Ratenkredit
  • Mehr als 2,5 Milliarden Euro möglicher Gesamtforderungen der Kreditnehmer allein für das Jahr 2013
  • Berechnungen für Institute des Privatbankensektors besonders gefragt
  • Link zur Auswertung der mehr als 4.300 Erstattungsberechnungen (PDF)

iff-finanzcheck online erfolgreich gestartet

Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg bietet unter www.iff-finanzcheck.de jetzt auch Verbrauchern bestimmte komplizierte Finanzberechnungen an. Das Angebot ist kostenlos. Mit einer Berechnung der Nutzungen, die Kreditkunden zusätzlich zur Erstattung von rechtswidrigen Kreditbearbeitungsgebühren bestimmte Finanz­berechnungen zustehen, ist iff-finanzcheck für Verbraucher erfolgreich gestartet.

Rechtlicher Hintergrund: Über viele Jahre hinweg kassierten Banken und Sparkassen für Kredite zusätzlich zu den Zinsen Bearbeitungsgebühren. Die waren meist gleich zu Beginn der Laufzeit zu zahlen und wurden auch bei frühzeitiger Ablösung des Kredits nicht erstattet. Im Mai und Oktober 2014 urteilte der Bundesgerichtshof (BGH): Die Gebühren sind rechtswidrig. Kreditinstitute müssen sie erstatten. Zusätzlich müssen sie herausgeben, was sie mit dem rechtswidrig kassierten Geld erwirtschaftet haben. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH von einer Verzinsung in Höhe von fünf Punkten über dem Basiszinssatz auszugehen.

Fast 5.000 Kreditkunden nutzten die Möglichkeit der Online-Berechnung des iff, nachdem die Stiftung Warentest in ihrer fortlaufende aktualisierten Berichterstattung zum Thema unter www.test.de/kreditgebuehren auf den Rechner hingewiesen hatte. Die Berechnung ist schon bei einfachen Kreditverträgen kompliziert. Der Basiszinssatz wird jedes halbe Jahr überprüft und meist angepasst, so dass für einen Zeitraum von fünf Jahren mit bis zu zehn unterschiedlichen Zinssätzen zu rechnen ist. Noch komplizierter wird es, wenn die Kreditbearbeitungsgebühr nicht zu Beginn der Laufzeit auf einmal gezahlt wurde, sondern in einzelnen Raten versteckt war.

Die Banken selbst ließen Ihre Kreditkunden mit dem Problem allein und rechneten teilweise grob falsch ab. Besonders ärgerlicher und häufiger Fehler bei Kettenkrediten: Die Bearbeitungsgebühr für Vorkredite verzinsten manche Banken nur von der Zahlung der Gebühr bis zur Ablösung des Kredits durch den nächsten. Den Kunden stehen die Zinsen für die Bearbeitungsgebühr jedoch von der Zahlung bis zur Erstattung der Gebühr zu. Ob und wie ein Kredit getilgt wurde, spielt für den Anspruch auf Erstattung der Gebühr und Herausgabe der Nutzungen keine Rolle.

Nutzen des Angebots für die Finanzexperten des Instituts: Sie erhalten genaue Daten darüber, wie sich Banken ihren Kunden gegenüber verhalten, wie viele Verträge Kunden bei ihnen abgeschlossen haben und welche Zinsen und Gebühren sie zu zahlen hatte. Beispiel Kreditbearbeitungsgebühren: 4.316 Berechnungen werteten die Experten des iff aus. Gesamtergebnis: Die betroffenen Banken und Sparkassen müssten 2.205.764,61 Euro Bearbeitungsentgelt erstatten und Nutzungen in Höhe von 688.017,43 Euro an die finanzcheck-Nutzer herausgeben.

Nimmt man die Daten der SCHUFA (SCHUFA Kredit-Kompass, Wiesbaden 2014), wonach im Jahr 2013 gut 7,7 Millionen Konsumentenratenkredtite neu abgeschlossen wurden, und geht man (eher übervorsichtig geschätzt) davon aus, dass nur für die Hälfte eine Bearbeitungsgebühr verlangt wurde, dann errechnet sich allein für das Jahr 2013 ein Rückforderungs/Erstattungspotential der Kreditnehmer in Höhe von gut 2,5 Milliarden Euro an Bearbeitungsentgelten und darauf entfallende Zinsen. Baufinanzierungen (bei denen teilweise auch Bearbeitungsentgelte verlangt wurden) sind in dieser groben Schätzung nicht enthalten.

1.048 Berechnungen bezogen sich auf Kreditverträge der Santander Consumer Bank, weitere 825 sind der Targobank und ihrem Vorläufer Citibank zuzuordnen. Auf den Plätzen folgten Verträge der Sparkassen (273) und der Postbank (179). Der Mittelwert des Nettokreditbetrags lag bei 19.787,78 Euro, die typische Kredithöhe bei 9.000 Euro. Die betroffenen Kunden mussten Bearbeitungsgebühren in Höhe von durchschnittlich 510,95 Euro zahlen. Hinzu kamen Nominalzinsen in Höhe von 7,03 Prozent im Mittel. Das Bearbeitungsentgelt schwankte zwischen durchschnittlich 0,8 Prozent der Nettokreditsumme bei den Förderbanken und 3,0 Prozent der Nettokreditsumme bei den Ratenkreditspezialisten. Am teuersten kamen Kreditkunden die Institute zu stehen, die sich auf Ratenkredite spezialisiert haben. Sie kassierten die höchsten Zinsen (7,77 Prozent im Mittel) und gleichzeitig die höchsten Gebühren (3,0 Prozent), welche wiederum verzinst wurden.

Viele Anwendungen für iff-finanzcheck möglich

Die Online-Berechnung ist eine besondere Anwendung des leistungsstarken finanzmathematischen Rechenkern des iff. Dieser ist bisher als gesonderte Software vor allem auf den Rechnern im iff-Rechenservice und Verbraucherzentralen im ganzen Bundesgebiet im Einsatz.

Weitere finanzcheck-Anwendungen für Verbraucher: Geplant ist, den wahren Effektivzinssatz zu berechnen, wie er mit Restkreditversicherungsprämien sich ergibt, damit bei aufgezwungenen Versicherungen eine gesetzliche Erstattung gefordert werden kann. Weiter geht es um die Überprüfung von Verzugszinsen bei gekündigten Krediten, die Rückrechnung widerrufener Kreditverträge sowie um fehlerhafte Zinsanpassungen der Banken. Sparbuchinhaber und Geldanleger können damit ausrechnen, wie viel Geld ihnen Banken und Sparkassen vorenthalten haben, indem sie Zinssenkungen regelmäßig schneller an ihre Kunden weitergegeben haben als Zinssteigerungen. Die über Jahrzehnte hinweg gängigen Geschäftsbedingungen, wo nach die Geldhäuser berechtigt waren, die Zinsen für Sparguthaben nach eigenem Gusto zu heben und senken, haben die Gerichte für unwirksam erklärt. Kunden stehen daher im Einzelfall je nach Guthaben, Einstiegszinssatz und Anlagezeitraum zum Teil hohe Nachzahlungen zu.

Das Institut für Finanzdienstleistungen ist ein gemeinnütziger Verein, der sich der Erforschung der Beziehungen zwischen Recht, Wirtschaft und Gesellschaft und insbesondere dem Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen verschrieben hat. Er erarbeitet Grundlagen und Instrumente für eine sozial und ökologisch verantwortliche Geldwirtschaft und setzt sich für ein sozial gerechtes Wirtschaftssystem ein. Die Kompetenz des iff beruht auf der interdisziplinären Zusammenarbeit von Ökonomen und Juristen, Bildungs- und Politikwissenschaftlern. Sie arbeiten zahlreichen Verbraucherzentralen und -anwälten zu.

Berechnungen sind auch Thema auf der iff-Konferenz 2015

Sollten Sie an einer Diskussion zu diesem Thema interessiert sein, laden wir Sie herzlich zu unserer internationalen Konferenz zu Finanzdienstleistungen am 7. und 8. Mai 2015 in Hamburg ein. Am Donnerstag haben wir gleich zwei interessante Veranstaltungen: ‚Aktuelle Rechtsfragen zum Kreditwiderruf: Rechtsfolgen, Rückabwicklung, Verwirkung‘ von 11:30 bis 13:00 Uhr sowie von 14:00 bis 15:30 Uhr zum Thema: ‚Verjährung (insb. bei Bearbeitungsgebühren) und Hemmung durch Güteverfahren‘.

Am Freitag wird von 9:00 Uhr bis 10:30 Uhr das Thema ‚Berechnungen bei Finanzdienstleistungen – Chancen für die Verbraucherpolitik?‘ diskutiert.

Nähere Informationen zu allen Veranstaltungen und zur Anmeldung finden Sie unter iff-hamburg.de/konferenz

Ansprechpartner im iff: Michael Knobloch – Telefon: 040 30 96 91 11