Udo Reifner (wissenschaftlicher Direktor des iff) und Doris Neuberger (Forschungsdirektorin für VWL am iff) sind Gründungsmitglieder des Forschungszentrums CERBE (Center for Relationship Banking and Economics) an der Universität LUMSA, Rom und dort im Beirat und Vorstand vertreten. Ziel von CERBE sind Forschung und Lehre über langfristige Beziehungen insbesondere auf Kreditmärkten zur Überwindung von Problemen des marktorientierten Laissez-faire Ansatzes kurzfristiger Verträge.
 

Da sich das iff mit seinem juristischen Projektbereich www.EuSoCo.eu zu sozialen Dauerschuldverhältnissen (siehe Nogler/Reifner (eds), Life Time Contracts, 2014) vor allem auch mit langfristigen Kreditbeziehungen beschäftigt, haben beide Institute vereinbart, interdisziplinär an dieser Thematik weiterzuarbeiten.
 

Aus ökonomischer Sicht zeigt die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, dass das Modell des individualistischen anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus versagt hat. Es beruht auf dem kontraktualistischen Ansatz kurzfristiger, am Kaufvertragsmodell orientierter Verträge unter der Annahme vollkommener Märkte und berücksichtigt nicht, dass Marktunvollkommenheiten auf Kredit-, Arbeits- und Wohnungsmärkten zu Kreditbeschränkungen, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot führen, welche durch relationale Verträge oder Langfristbeziehungen überwunden werden können. Letztere beruhen auf persönlichen Beziehungen und gegenseitigem Vertrauen und stellen im Gegensatz zum rein kontraktualistischen Ansatz implizite Verträge dar, in denen nicht alle Eventualitäten explizit geregelt werden.
 

Der Schwerpunkt von CERBE liegt auf der Erforschung von Hausbankbeziehungen oder Relationship Banking (RB) auf dem Kreditmarkt. Dabei sollen u. a. folgende Fragen untersucht werden: i) Inwiefern trägt RB dazu bei, Kreditrationierung von privaten Haushalten oder Unternehmen zu reduzieren, die keine Sicherheiten und keine Kredithistorie haben, aber über produktive Investitionsmöglichkeiten verfügen? ii) Welchen Einfluss haben Eigentümerstrukturen (private Kreditbanken vs. Sparkassen oder Genossenschaftsbanken), Geschäftsmodelle (retail vs. wholesale banking) und Governancestrukturen (zentralisierte vs. dezentralisierte Organisation) von Kreditinstituten auf die Bereitstellung von RB? iii) Welche Informationen werden bei RB in die Kreditwürdigkeitsprüfung einbezogen (weiche, qualitative vs. harte, quantitative Informationen) und inwiefern hängt dies von der Organisation des Kreditinstituts ab? iv) Welchen Einfluss hat Regulierung auf die Bereitstellung von RB durch Banken?
 

Forschungsbeiträge zu diesen Themen werden in der CERBE Working Paper Reihe publiziert. Der erste Beitrag „The Banking Regulatory Bubble and How to Get out of It” von Giovanni Ferri und Doris Neuberger zeigt auf, dass eine falsche Regulierung, basierend auf dem falschen Modell – Finanzmarkttheorie statt Theorie des Relationship Banking – die Hauptursache der globalen Finanzkrise war und dass auch die neuen Basel III Regulierungen und EU Finanzmarktrichtlinien auf dem falschen Weg sind, da sie nach wie vor am Marktmodell ansetzen. Eine radikale Umkehr der Banken- und Finanzmarktregulierung ist dringend notwendig.
 

Das Working Paper kann hier heruntergeladen werden.

 

Weitere Informationen zum CERBE finden Sie hier.