MARKTANTEILE DER SPARKASSEN BEIM KREDIT AN VERBRAUCHER SINKEN

Sparkassen treten mit neuen Angeboten auf den Markt, um damit von der Konkurrenz Marktanteile zurückzuerhalten, meldet die Süddeutsche Zeitung (v. 13.9.2006 S.23).
Dieser Marktverlust ist prekär, weil er in eine Zeit des politischen Sturmangriffs auf die öffentlich-rechtliche Struktur und regionale Verankerung der Sparkassen aus Brüssel fällt, wo die DG Markt nicht müde wird, das "Krebsgeschwür" Zitat einer Deutschen Großbank etwas politisch korrekter zu wiederholen.

Während hier die Sparkassen politisch reagieren und auf ihre guten Kontakte vor allem zu einigen deutschen Regierungen vertrauen, verlieren sie im eigentlichen Problembereich, wo die Darstellung ihrer Notwendigkeit und Nützlichkeit die Nachfrage beim Verbraucher stärken könnte, an Terrain.

Abhilfe soll jetzt der ohnehin mörderische Preiswettbewerb schaffen. Aus Köln ist zu hören, man wolle das Flagschiff der Sparkassen, die persönliche Beratung vor Ort gebührenpflichtig machen, um damit die Online-Kunden mit besseren Zinssätzen locken zu können. Das klingt fantasielos und abenteuerlich und widerspricht dem Grundsatz, dass man mit seinen Stärken und nicht mit seinen Schwächen wuchern sollte. Dazu aber bedürfte es viel Fantasie und Flexibilität, zunächst aber auch einer guten Zahlenanalyse.

DRAMATISCHE ZAHLEN IM RATENKREDIT

Der Rückgang im Kreditabsatz ist deutlich sichtbar, wie wir in der angehängten vom iff erstellten Grafik zu den Marktanteilen seit 1980 im Hypotheken-, Raten- und Kontoüberziehungskredit darstellen.

Die Entwicklung verlief nicht gradlinig.

In der BAUFINANZIERUNG haben danach die Sparkassen zunächst nach einem Abfall im Jahre 1998 wieder die ursprüngliche 34% Marke erreicht, um dann in der Niedrigzinsphase bis heute auf recht konstante 29% abzurutschen.

In der KONTOÜBERZIEHUNG konnten sie ihre Dienstleistungsdichte mit Konten unter Beweis stellen und zwar nicht die anfänglichen 54% aber immerhin noch 51% über die letzten Jahre halten.

Die Dramatik liegt dagegen im RATENKREDIT, dem Volkskredit der kleinen Leute, wo die Sparkassen einst herkamen. Hier haben sie kontinuierlich nach einem Anstieg von ursprünglich 36% auf 40% in den 80ziger Jahren auf nur noch 28% heute verloren.

WAS BEDEUTEN DIE ZAHLEN

Heute wird das Geld im Ratenkredit (und einigen Anlagen) verdient. Die engen Margen im Hypothekenkredit haben die Großen zur Zusammenlegung veranlasst. Wer den Ratenkredit besetzt, hat den unmittelbaren täglichen Zugang zu den Menschen und ihren Problemen.

Diese Privatverschuldung ist der Seismograph und reicht weit in die Normalverdiener hinein. Die Kontoüberziehung ist heute vielfach nur eine Vorstufe zum Ratenkredit, wenn man es denn begreift.

Im Hypothekengeschäft sind dagegen die Zahlen insgesamt Unsinn, weil der deutsche Hypothekenmarkt trotz Niedrigzinsphase seit langem stagniert und unendliche Potenziale brach liegen. Die Deutschen mit ihrer extrem niedrigen Wohneigentumsquote werden von den Hypothekenkartellen mit Langzeibindung und exorbitanten Vorfälligkeitsentschädigungen, Höchststrafen für Mobilität, starren Rückzahlungspflichten mit hohen Tilgungszumutungen sowie abenteuerlichen Kombinationsfinanzierungen über Provisionsvertreter bei Bausparsofortfinanzierung und Lebensversicherungshypothek von einer Kreditaufnahme ferngehalten.

WARUM SIND DIE SPARKASSEN NICHT DIE STARS DER BRANCHE?

Die Sparkassen sind vor Ort, genießen Vertrauen, blieben von den großen Bankskandalen (nimmt man die Landesbanken aus) weitgehend verschont und bekennen sich zur jeweiligen Wohnbevölkerung ihres Sitzes. Das sind alles große Werte, die in den USA inzwischen belohnt werden und denen bei Geldgeschäften an sich die Zukunft gehört. Die Geschäftsbanken bauen wieder Filialen auf (SEB, Citibank), die persönliche Beratung kommt und das online banking wird überall nur noch angehängt.

Sparkassen sind aber insgesamt eher schwerfällig und behindern sich durch den Zwang zum Durchschnitt. Wo sind die Vorreiter und Ausprobierer, die innovativen Produkte und die spannenden Schritte ins Neuland? Der Übergang zur Kreditgesellschaft verlangt sie, die Kunden brauchen sie. Die Sparkassen hätten genug Möglichkeiten, wenn die kreativen Köpfe handeln dürften und dabei von den anderen neugierig unterstützt würden auch bei Risiken, die sie dabei eingehen. Stattdessen scheint es einen schwerfälligen Prozess zu geben. Hier ein paar Beispiele:

Ein Kunde, der in der Baufinanzierung tigungsfrei bleiben wollte, weil die Wohnung vermietet war, konnte dies nur erreichen, als er versprach, nach 10 Jahren doppelt zu tilgen, was unsinnigerweise (wegen der Kündigungsmöglichkeit rechtlich unverbindlich) in den Vertrag hineingeschrieben wurde.

Wer bei einer Sparkasse ist und ein Haus im Bezirk einer anderen finanzieren will, wird eher abgewiesen oder damit abgespeist, dass man das über die andere Sparkassen abwickeln müsse.

Wer vor Vorfälligkeitsentschädigungen Angst hat, bekommt keine Lösung angeboten. Sondertilgungsrechte verfallen, wenn man sie nicht in Anspruch nimmt und schmälern nicht die Vorfälligkeitsentschädigung.

Die Aufspaltung in Tranchen mit unterschiedlichem Zinsatz (Erstrangig unter 50%, dann bis 60% und dann darüber) ist formal und häufig mit der Kreditsicherheit nicht zu begründen.

Noch schlimmer aber sieht es im RATENKREDIT aus. Hier haben die Sparkassen komplett die Chance der Studienfinanzierung vertan. Mehr als ein traditioneller Ratenkredit ist nicht herausgekommen. Das Regionalproblem (Eltern wohnen woanders als Studierende) wurde nicht angepackt. Die KfW hat die Öffentlichkeit besetzt, obwohl sie auch öffentlich ist.

Bei der Restschuldversicherung, dem Skandalprodukt der Ratenkreditbranche, ebenso wie bei den schädigenden Umschuldungen sowie dem Risk Based Pricing hängen sie sich hinten an einen Zug an, der in die falsche Richtung fährt und irgendwann vor die Wand fahren wird, wenn die Politik hier verstanden hat, dass der Betrug mit Innenprovisionen als versteckten Zinszahlungen von über 50% auffliegt und die Ausbeutung bereits verschuldeter Kreditabhängiger zum öffentlichen Problem wird. Die Sparkassen könnten hier glänzen, stellen sich aber selber ein Bein, weil es natürlich auch bei ihnen schwarze Schafe gibt, auf die man im Durchschnitt Rücksicht nehmen muss.

In der Vorfälligkeitsentschädigung müssen sie sich von einer Großbank und einer Versicherung vormachen lassen, wie man transparent und kundenfreundlich vorgeht, während sie sich dem Diktat des Hypothekenverbandes unterwerfen, statt einmal über den Zaun in andere europäische Länder zu schauen.

In der Altersvorsorge hätten sie den Vorsorgesparplan als Einstieg für kleine Leute mit späterer Umwandlung in lukrativere Produkte leisten können. Aber auch hier wurden die Versicherungen mit hohen Provisionen bevorugt.

KONTAKTE ZUR COMMUNITY GEHEN NICHT MEHR ÜBER DEN BÜRGERMEISTER

Die Sparkassen sind an politische Direktkontakte gewöhnt. Sie sollten aber mitbekommen haben, dass die Politik sich genauso ums Volk neu bemühen muss wie die Sparkassen.

So stieß die European Coalition for Responsible Credit, die bei Geschäftsbanken Interesse und Unterstützung fand, nur bei einer Sparkasse auf Selbständigkeit. Alle anderen verwiesen auf den Sparkassenverband, der wieder auf seinen internationalen Verband verwies. Für die 10 Konferenzen bekam der ECRC dann die kalte Schulter gezeigt. Durch Indiskretion wurde ferner eine herablassende interne Bewertung bekannt, wie man sie auch aus der Politik kennt, wo Sympathien und Seilschaften nicht aber der Markt den Ausschlag geben.

Warum können nicht auch hier kreative Einzelinstitute ausschweren?

Wenn das iff Aufforderungen von Gemeindevertretern bekommt, die Sparkassen gegen Privatisierungspläne vor Ort zu verteidigen, dann wirkt dies oft ratlos. Warum gibt es keine Community Berichte der Sparkassen in Deutschland, wie sie die USA allen Instituten jährlich gesetzlich vorschreiben? Warum sind die Sparkassen in der Überschuldungsforschung schlicht abwesend?

Das iff Schülerbanking zusammen mit der Hamburger Sparkasse, seit über einem Jahr ein großer Erfolg in Hamburg, weil hier eine Sparkasse den Mut und wohl auch die Größe hatte, sich nicht mit dem DSGV-Schulservice zufrieden zu geben und angstvoll zu beteuern, man wolle Einheit bewahren im Bewährten. Wenn aber ein solches Projekt "Schüler fragen – Banker lernen zu antworten" eine neue Dimension ins Marketing bringt, warum interessieren sich nicht mehr dafür?

DIE ZUKUNFT GEHÖRT DEN BESTEN UND NICHT DEN GUTWILLIGEN

Die Zukunft wird absehbar keine Statuswirtschaft mehr honorieren. Die Besten werden im Wettbewerb vorne sein. Wer die Besten sind, wird der Kunde entscheiden. Wie der Kunde aber entscheidet und vor allem welche Kriterien er zugrundelegen wird, daran können die Anbieter mitwirken. Sie können dies durch differenzierte Produkte, bessere Beratung, Engagement in der finanziellen Allgemeinbildung sowie in der Art der Abwicklung sowie der Verbraucherforschung beeinflussen. Werden die Kunden nachhaltig und langfristig auswählen, den betrügerischen Preis erkennen, Kredite als Hilfe verstehen, ihr Lebenseinkommen flexibel dort zur Verfügung zu erhalten, wo sie es dringend brauchen, die nachhaltigen Anbieter würden belohnt. Allerdings müsste das dann auch jeder erfahren, es müsste transparent sein und aus der Defensive müsste gerade gegenüber der Konkurrenz eine inhaltlich ausgewiesene Offensive werden.

wenn dagegen der Markt immer mehr Verbraucher hervorbringt, die mit Übergewicht, Überschuldung und Abhängigkeit auf die Internetstandardisierung einer Mc Wirtschaft mit Chips vor dem Fernseher reagieren, dann wird der gewinnen, der sie noch am besten ausbeuten kann.

Im ECRC sind wir hier wohl optimistischer als viele Sparkassen, die dem Trend der Konkurrenz nachlaufen, während diese sich schon wieder umbesinnt. Hier sollte ein kritischer aufrichtiger und harter Dialog beginnen. Die Privatisierung in Berlin und die unfassbare Leichtigkeit, mit der alle Parteien dort darauf verzichten, staatliches Geld zum Nutzen der Stadt statt zum Schutz maroder Unternehmen einzusetzen, könnte ein Anlass sein.