Um die Vorfälligkeitsentschädigungen (VFE) ist es ruhiger geworden – zu Unrecht meint das iff, denn die Praxis ist im europäischen Vergleich sehr teuer und nicht nachvollziehbar. Für den Verbraucher ist sie oft überraschend und behindert das Marktgeschehen durch Bestrafung des Anbieterwechsels. Die überdurchschnittlich hohen Kosten im internationalen und europäischen Vergleich zeigte das iff in einer Studie (Siehe Link im Anhang) im Auftrag des Verbraucherzentralen Bundesverbandes (VZBV) auf. Die VFE-Praxis in Deutschland ist verbraucherunfreundlich und ökonomisch negativ zugleich. Dazu kommt: Nach Erfahrungen des iff sind mehr als die Hälfte aller Berechnungen falsch – meistens zu Ungunsten der Darlehensnehmer.
Dass heute weniger über diese Missstände gesprochen wird hat politische und technische Gründe. Technisch sind die Berechnungen der Banken einheitlicher und professioneller geworden. Dadurch treten Fehler weniger offensichtlich zu Tage und Nachberechnungen können nicht der Form halber verlangt werden. Nichtsdestotrotz ist die Fehlerquote nur geringfügig gesunken. Politisch scheint eine Verbesserung auf nationaler Ebene momentan weniger wahrscheinlich als auf Europäischer. Eine Verbesserung durch die nationale Regierung erscheint aber nicht ausgeschlossen, wie das Beispiel Italien zeigt. (Siehe Link im Anhang) Die Diskussion hat sich stärker nach Brüssel und Strassburg verlagert. Weiterhin sehen sich Kreditnehmer jedoch vor die Frage gestellt, weshalb die VFE im europäischen Vergleich so teuer und kompliziert ist. Denn damit widerspricht diese Praxis wesentlichen Grundsätzen moderner Politik und stellt private Darlehensnehmer und Unternehmer vor fundamentale Widersprüche:
Gesellschaftlich und ökonomisch stellt diese Praxis insgesamt ein politisches Paradox dar: Einerseits wird die Flexibilisierung und Mobilisierung von Firmen und Arbeitnehmern gefordert und gefördert. Folge dieser Politik ist unter anderem der Abbruch von langfristigen Finanzierungen. Andererseits toleriert man die teilweisen immensen Kosten einer vorzeitigen Darlehensablösung. Die ökonomische und oft auch örtliche Bindung, die durch die teueren VFE ausgelöst wird, steht dem Ziel der Mobilisierung entgegen.
Sozial führt diese Praxis – besonders in kritischen Lebensmomenten – zu vermeidbaren Härten. Darlehen auf beliehene Immobilien werden häufig in finanziellen Krisen (Arbeitslosigkeit, Firmenkonkurs) oder in kritischen persönlichen Situationen (Scheidung, Trennung, Krankheit) vorzeitig abgelöst, um eine finanzielle Anpassung an die neue Situation zu erreichen. Gerade in diesen kritischen Lebensmomenten belasten die teuren Entschädigungen den Darlehennehmer einseitig – ihm wird das gesamte Risiko des Kreditabbruchs aufgebürdet, wogegen die Darlehensgeber komfortabel entschädigt wird.
Rechnerisch ist die VFE-Praxis so kompliziert, dass sie von Leihen nicht nachvollzogen werden kann. Die geforderte Transparenz existiert nur dem Schein nach, denn die VFE-Berechnungen sind, auch wenn sie dem Darlehensnehmer ausgehändigt werden, nicht nachvollziehbar. Es ist dem Leihen nicht zuzumuten Zerobond-Abzinsungsfaktoren’, Zins-Interpolation’, Barwertmethode’, fiktive Wideranlage’ sowie kalkulatorischen Risiko und Verwaltungskosten’ zu verstehen. Die Transparenz ist nur dem Schein nach gewährleistet. Der Darlehensnehmer weiß insofern von der Vorfälligkeitsentschädigung oft lediglich, dass sie sehr teuer ist. Sie ist für ihn im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbar. Tatsächlich sind mehr als die Hälfte aller dem iff vorgelegten Berechnungen falsch, weshalb das iff generell zu einer Überprüfung der Berechnungen anrät. Neben finanziellen Motiven hilft dies auch die schlechte technische und politische Praxis der VFE zu beanstanden und zu einer progressiven Lösung beizutragen.
Die typischen Fehlerquellen
Neben der für den Darlehensnehmer im europäischen Vergleich unvorteilhaften Praxis kommt es zusätzlich zu typischen rechnerischen Fehlern. Regelmäßige Fehlerquellen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind:
– Falsche Wideranlagerenditen (oftmals PEX, die der BGH ausdrücklich ablehnt; oft auch tendenziell zu niedrige Zinsen, deren Herkunft nicht, oder nicht ausreichend dokumentiert sind).
– Zu niedrig angesetzte Risikokosten (nach Auffassung des iff sind mindestens 0,15 % p. a. anzusetzen, wobei bei einem höheren Risiko des Darlehens auch höhere Risikokosten begründbar sind – diese wirken schadensmindernd).
– Zu niedrig angesetzt kalkulatorisch Verwaltungskosten (mind. 60 jährlich).
– Überhöhte Bearbeitungsgebühr für die Berechnung der VFE (max. 100 ).
– Nicht berücksichtigte Sondertilgungsmöglichkeiten. Diese wirken stark schadensmindernd und verringern die VFE deutlich.
Ein Beispiel aus der Praxis
Beim Verkauf gewerblicher Mietobjekte machte eine Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von 496.686,81 geltend. In ihrer Berechnung verwendete sie sog. PEX-Renditen und setzte lediglich 0,05 % ersparte Risikokosten an. Der Rechenservice des iff analysierte die Berechnung der Bank und errechnete eine korrekte Vorfälligkeitsentschädigung von 427.135,14. Im Vergleich zu der des Kreditinstituts ergibt sich somit eine Differenz von
69.551,67
zu Gunsten der Darlehensnehmer. Auch bei kleineren Darlehen lohnen sich häufig Nachberechnungen. Es werden dabei Differenzen von bis zu 30 % ermittelt.
Der RECHENSERVICE des iff überprüft Vorfälligkeitsentschädigungen. Seine anerkannten Gutachten können dem Darlehensgeber oder dem Gericht vorgelegt werden.