VORBEMERKUNG

Eine verbesserte Aufsicht im Rahmen des Verbraucherschutzes darf sich nicht auf den Anlegermarkt beschränken, weil heute die größten Missstände im Kredit liegen, 30 % der Anlagen bereits finanziert werden und im Cross-Selling viele Produkte auch noch mit Versicherungen verquickt sind. So verschafft sich z.B. ein Vertreter mit der Versicherungspolice Eingang in die Wohnung und verkauft dann eine finanzierte Immobilie! Wer soll ihn dann beaufsichtigen?

FUNKTIONEN DER FINANZAUFSICHT

1. Finanzaufsicht für Verbraucher zerfällt grundsätzlich in (kollektive) Insolvenzprävention (Anlagesicherheit etc) und (individuellen) Verbraucherschutz.
Insolvenzprävention als Kernbereicht des bisherigen KWG ist wichtig steht aber teilweise im Konflikt mit dem Verbraucherschutz, weil logischerweise die (massenweise) Kompensation von Schäden gegenüber einzelnen Verbrauchern die Solvenz eines Anbieters gefährden kann.
Daraus resultiert historisch, dass sowohl die Versicherungs- als auch die Bankaufsicht eher individuelle Verbraucherbeschwerden zurückdrängten als ihnen Nachdruck zu verleihen.

KOMPONENTEN DER FINANZAUFSICHT

2. Finanzaufsicht hat folgende Komponenten, die deutlich getrennt sein müssen:

Währungsaufsicht (Währungsstabilität, Geldmengenpolitik und funktionierender Zahlungsverkehr) (Deutschland: Bundesbank bzw. nun EZB; UK: Bank of England; F: Banque de France)

Insolvenzprävention (Kreditvergabekontrolle, Eigenkapitalunterlegung, Risikobegrenzung) (Deutschland: BAFIN (§6 Abs. 2 1.Alt. KWG); UK: Financial Services Authority; F: Banque de France)

Einhaltung berufsethischer Regeln (Seriosität, Qualifikation überlicherweise sind Kammern zuständig) (Deutschland: BAFIN (§6 Abs.2 2.+3. Alt.; 45 ff KWG); UK: Financial Services Authority: F: Banque de France)

Marktmachtkontrolle (Fusionskontrolle, Kartellvereinbarungen) (Deutschland: BKartellAmt (§36 GWB; aber auch Art. 81f EuropVertrag): UK und F: entspr. Kartellbehörde

Verbraucherschutz und lauterer Wettbewerb(Betrug, Transparenz, Einhaltung von Verbraucherschutzregeln, AGB- und UWG-Kontrolle etc) (Deutschland: Staatsanwaltschaft; Verbandsklage der Verbraucherzentralen; bei Banken und Finanzinstituten (§6 KWG!) keine Aufsicht; bei Versicherungen aber in §81 Abs.1 S.2 VAG "Belange der Versicherten" im Ansatz vorhanden doch praktisch irrelevant; UK: Office of Fair Trading; Frankreich: Banque de France

VERBRAUCHER MÜSSEN EINE ANLAUFSTELLE FÜR BESCHWERDEN HABEN UND DAMIT ZU KONTROLLEUREN DER BANKEN WERDEN

3. Individuelle Verbraucherbeschwerden werden in Deutschland von der Aufsicht (noch) abgewimmelt. Beschwerden werden nämlich nur dort generiert, wo auch individueller Verbraucherschutz besteht, wo sich Beschwerden also lohnen (Geld zurück, Schadensersatz etc).

Wir brauchen jedoch die Verbraucherbeschwerde als Bankenaufsicht. Dort, wo Verbraucher belastet werden, ist dies meist nur die Spitze eines Eisbergs. Kartellartiges Machtverhalten, der Markt funktioniert nicht und auch die Sicherheit der Banken ist beeinträchtigt.

Deutschland, das die Verbraucher von der Kontrolle ausschließt, nimmt sich damit die Chance der Endbandkontrolle wie sie andere Länder haben (Frankreich: 92 Filialen der Banque der France; Skandinavien: staatlicher Verbraucherombuds; England: Office of Fair Trading mit AGB-Kontrolle, Regulierung und Strafen; USA: Sonderabteilungen bei der Staatsanwaltschaft sowie beim Federal Reserve Board)

AUFSICHTSORGAN DARF KEINEM INTERESSENWIDERSPRUCH AUSGESETZT SEIN

4. Individueller Verbraucherschutz muss als Ergänzung zu den privaten Klageverfahren (Verbandsklage, Individualklage, Musterklage) entweder in eine besondere Behörde oder aber in eine Behörde, die keinerlei Interessenkollision aufweist, verlagert werden. Verbraucher brauchen eine Behörde, die für sie da ist und in die sie Vertrauen haben.

Das spricht gegen die BAFIN. (Sie schreibt den Verbrauchern seit Jahrzehnten, dass sie für deren individuelle Probleme nicht zuständig sei, schickt ihnen aber quasi offiziell noch einmal die Stellung der Bank mit, über die man sich beschwerte. Sie hat gehofen, dass viele Skandale vertuscht blieben, indem sie sich zur "lautlosen" Krisenbewältigung bekennt, um den Finanzplatz nicht zu gefährden. Sie hat gesetzlich keinen Auftrag und haftet auch nicht, falls Verbraucher wegen mangelnder Aufsicht Schäden erlitten haben.

Eine Verbraucherschutzbehörde muss sogar die BAFIN mitkontrollieren, da sie häufig als Gesamtvertreter der Branche auftritt und ihre Auflagen für die Bankensicherheit auch verbraucherfeindlich sein können, wenn sie z.B. im Namen der Bankensicherheit (Basel II) die Diskriminierung bei der Kreditvergabe verlangt, höhere Zinsen für risikobehaftete Kredite gut heißt, und die Durchsetzung rechtswidriger Forderungen sowie den Schutz des Images auch bei sehr schlechten Anbietern hoch hält.
Frankreich und die USA zeigen, dass eher die Zentralbank in der Lage ist, Währungsaufsicht und Verbraucherschutz miteinander zu verbinden, weil es hier weniger Kollision als bei der Insolvenzsicherung gibt.

WER KOMMT IN DEUTSCHLAND IN FRAGE?

5. Institutionelle Vorschläge für Deutschland:

VERBRAUCHERZENTRALEN: Gut aber ohnmächtig. Sie haben zur Zeit die rechtliche Kompetenz, sind aber finanziell ausgeblutet und haben keine öffentlich-rechtliche Macht. (Deutsches Modell)

STAATSANWALTSCHAFT: Einrichtung von bundesweit tätigen Sonderstaatsanwaltschaften, die zugleich das Recht zur Verbandsklageerhebung nach AGB und UWG erhalten (US-amerikanisches Modell)

BUNDESKARTELLAMT UND LAUTERER WETTBEWRB: Das Bundeskartellamt sollte nicht nur für die Fusionskontrolle sondern auch für AGB und UWG-Verstöße zuständig werden und Verbandsklageverfahren anstrengen oder ihnen unterstützend beitreten können. (englisches Modell des OFT)

STAATLICHE VERBRAUCHEROMBUDSBEHÖRE für Finanzdienstleistungen mit Verbandsklagerecht (skandinavisches Modell)

BUNDESBANK: Beauftragung der Bundesbank, den Verbraucherschutz wahrzunehmen, (Ergänzung des § 40 WpHG und Herauslösung der Vorschriften über Verbraucherschutz aus Bußgeldkatalog; Einräumung der Verbandsklagebefugnis) (Französisches Modell)

Letztlich sind alle außer dem bestehenden Modell besser.

SPEZIELLER BANKENKONKURS IN DEUTSCHLAND ERFORDERLICH

Die Insolvenzordnung ist für den Zusammenbruch von Banken ungeeignet. Sie berücksichtigt nicht, dass Bankenzusammenbrüche die Wirtschaft insgesamt nachhaltig berühren und Vertrauen in den Finanzplatz zerstören. Dies hat dazu geführt, dass in Deutschland im wesentlichen der Staat oder die Allgemeinheit die Kosten der Bankinsolvenzen übernimmt. Während die Parteien drei Jahre über 3,5 Mrd. € für Kinderbetreuung streiten, gewährt ein einziges Bundesland innerhalb einer Woche diesen Betrag für ein undurchsichtiges Konglomerat von Gläubigern. Sowohl in Sachsen wie auch Berlin war der Staat und das Parlament einer Erpressung ausgesetzt. Das darf nicht so bleiben.

Es ist daher notwendig ein Verfahren auszuarbeiten, dass einerseits die Gläubiger, die häufig durch ihre Geschäfte an der Insolvenz beteiligt waren, in die Pflicht nimmt, andererseits aber die Anleger und Sparer verschont, die nur Kunden waren. Außerdem müssen alle Forderungen durch eine dem Insolvenzverwalter vergleichbare unabhängige Institution überprüft werden. Es müssen Ansprüche gegen den Feuerwehrfonds realisiert und andere Ansprüche bestritten werden. Außerdem sollte Zeit für Neustrukturierungen vorhanden sein.

Das BAFIN darf nicht länger die Rolle einer "Koste es was es wolle, Hauptsache liquide" Behörde zu spielen, die den Staat mit der Drohung der Bankschließung zu unsinniger Bedienung undurchschaubarer Ansprüche zwingt.

Regeln über das Einfrieren von Guthaben, die vorzeitige Rückführung von Assets gehören ebenso hierein wie die Überprüfung von Geheimverträgen, wonach angeblich der Staat ohnehin hafte.