FAKTEN ZU DEN KREDITVERKÄUFEN – EINE GRATWANDERUNG

Das Bundesjustizministerium hat in mehreren Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass ihm keine Fälle bekannt seien, dass ungekündigte Hypothekenkredite an Nicht-Banken quasi mit der Aussicht der Zwangsvollstreckung verkauft worden seien. Die Presse hatte mehrfach berichtet.

Wir dokumentieren hier einen Fall, den uns ein Betroffener zugesandt hat. Warum nicht mehr solcher Fälle in der Öffentlichkeit erscheinen und die Arglosigkeit der Politiker erschweren, liegt an einem merkwürdigen Prinzip in Deutschland. Dort verklagen oft besonders potente Übeltäter diejenigen, die Alarmzeichen („whistleblower”) geben. Das passierte auch den Rundfunkanstalten sowie den Kunden, die bisher Alarm schlugen. Irgend ein Detail wird sich immer als falsch erweisen lassen. Solche Prozesse auszuhalten lässt die Lust an der Kritik vergehen.

Während solche „whistleblower” in vielen Ländern besonders geschützt sind, müssen sie in Deutschland mit einer Klage wegen Kreditschädigung nach §§ 824,1004 BGB rechnen, wenn auch nur ein Detail falsch ist. Das hat die fatale Folge, dass man z.B. eine Bank als „widerlich”, „gemein”, „unanständig” etc. beschimpfen darf (das sind Werturteile!), die Tatsachen, die das belegen könnten, aber besser verschweigt. Das ist absurd aber es gibt vor allem untere Gerichte, die so urteilen, weil sie nicht verstehen, dass Verbraucherkritik sehr wichtig ist, Konkurrentenschelte, mit der sie meist zu tun haben, dagegen eher nicht. Wir hätten uns die ganze Misere mit der Hypovereinsbank sparen können, wenn die Kunden der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank damals lautstark erzählt hätten, was ihnen passiert ist. Das iff hatte es damals einmal mit RTL geschafft und war prompt mit Prozessdrohungen überzogen worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat längst entschieden, dass Verbraucherkritik nicht in dieser Form, die die Meinungsfreiheit beschneidet, im Keim erstickt werden kann. Handelt es sich bei einer Information insgesamt um ein Werturteil, so kommt es darauf an, ob ein Detail, das vielleicht geringfügig anders war, zurechtgerückt ein anderes Urteil rechtfertigen würde. Kein Anbieter hat das Recht, nur mit wahren Details kritisiert zu werden zumal ja auch viele „Wahrheiten” erst herauskommen, wenn man Vermutungen anstellt.

Wir möchten daher unsere Schlüsse aus diesem Bericht, der die recherchierten Vermutungen eines Verbrauchers enthält, deutlich machen:

• Banken verkaufen an Nichtbanken über vom Verbraucher nicht mehr durchschaubare Kanäle Kredite, damit diese sie möglichst effizient und brutal zu Geld machen sollen. Ihre Werbung, mit der sie einst Kunden zum Vertrauen in sie animiert haben, interessiert sie dabei nicht mehr.

• Die neuen Inhaber sind rücksichtslos, obskur und manchmal im Ausland unerreichbar.

• Der Bürger wird zum Objekt einer Strategie der Risikoverlagerung, die die Verantwortung in der Wirtschaft von den Anbietern auf die Kunden abwälzt.

• Politiker sind allzu häufig finanziell in solche Firmen eingebunden. Die Gerichte sind bisher keine Hilfe und im Parlament werden vor allem Vorschläge diskutiert, wie man die Geschädigten darüber aufklärt, dass sie geschädigt wurden, während man das bisher rechtswidrige System der Schädigung (Verkauf ungekündigter Darlehensverträge) auch noch anerkennt.

• Dieses Verhalten ist verbraucherfeindlich, wirtschaftsschädigend und untergräbt Vertragstreue und Vertrauen, auch wenn einige Gerichte es für rechtmäßig halten.

Hier Auszüge aus der Schilderung der Betroffenen (Zwischenüberschriften vom iff)

WAS UNS PASSIERTE

„Betroffen war insbesondere auch ein seit 1995 laufendes Darlehen bei der Münchener Hypothekenbank eG. Das Darlehen diente der Finanzierung des selbst genutzten Eigenheims unserer Familie, war über eine Briefgrundschuld erstrangig abgesichert und war von Vertragsbeginn bis Mitte 2003 ohne jede Beanstandung immer korrekt bedient worden. Es bestanden Möglichkeiten sowohl eines privaten Verkaufs der Immobilie als auch einer anderweitigen Sanierung des Darlehens. Doch die Münchener Hypothekenbank eG ignorierte all dies, missachtete selbst ein bei Gericht anhängiges Verfahren zum Erhalt des Eigenheims und kündigte das Darlehen am 02.06.2005. Des weiteren teilte die Münchener Hypothekenbank eG uns dann am 01.09.2005 lapidar mit, dass sie die Darlehensforderung gegen uns sowie alle mit dieser in Zusammenhang stehenden Sicherheiten an die Monaco NPL Ltd., London verkauft und an die Florian Vermögensverwaltungs-GmbH, Frankfurt a.M. übertragen habe. Beauftragter Ansprechpartner in Deutschland sei nunmehr die Immofori Gesellschaft für Immobilien Forderungsinkasso mbH, Hamburg.

Die vorgenannten Gesellschaften („Monaco”, „Florian” und „Immofori”) haben keine Banklizenz und sind ausschließlich an der schnellen Beitreibung der Forderungen und Verwertung der Sicherheiten (Immobilie) interessiert. Sie gehen Verhandlungen stets aus dem Weg und betreiben rigoros, ohne Rücksicht auf die berechtigten Interessen und Erwartungen der Darlehensnehmer, Eigentümer und Bewohner die Zwangsversteigerung unseres Eigenheims.

DER VERKAUF UNGEKÜNDIGTER DARLEHEN

Die Münchener Hypothekenbank eG hatte den Verkauf unseres Darlehens von langer Hand vorbereitet, nachvollziehbar z.B. durch Abtretungserklärung vom 10.04.2005 und Grundbuchumschreibung vom 11.04.2005, und verkaufte das Darlehen dann am 26.04.2005 – also sieben Wochen vor der Kündigung unseres Darlehens – an die Monaco NPL (No.1) Ltd..

WELCHES FIRMENGEWIRR FÜR UNSERE HYPOTHEK JETZT ZUSTÄNDIG IST

Die Münchener Hypothekenbank eG hatte nicht nur unser Darlehen sondern gleich ein ganzes „Portfolios” aus 700 Einzelkrediten im Wert von 150 Mio. EUR an Lehman Brothers verkauft. Lehman Brothers gründete bzw. übernahm dazu bereits am 21.02.2005 die LB UK RE Holdings Ltd., welche ihrerseits dann am 22.04.2005 – d.h. vier Tage vor Vertragsschluss – die Monaco NPL (No.1) Ltd. gründete bzw. übernahm und u.a. Ulrich Kastner, einen deutschen, bei Lehman Brothers tätigen Banker, zum Director (Geschäftsführer) ernannte. Zur Übertragung der Sicherheiten wurde am 06.06.2005, d.h. vier Tage nach der Kündigung unseres Darlehens – die Florian Vermögensverwaltungs-GmbH, Frankfurt a.M., gegründet, alleiniger Gesellschafter ist die Monument Trustees Ltd. in Dublin, Irland. Die Florian Vermögensverwaltungs-GmbH ist eine von ca. 150 Zweckgesellschaften, die gemeinsam mit den zur TMF Group Deutschland gehörenden Firmen, wie z.B. TMF Holding Deutschland GmbH, TMF Deutschland AG, easetec AG, UNA Management GmbH und BFT Deutschland GmbH, ihren Firmensitz in der Eschenheimer Anlage 1, 60316 Frankfurt haben.

Die Florian Vermögensverwaltungs-GmbH und die mit ihr verbundenen Firmen der TMF Group Deutschland scheinen – soweit überhaupt nachvollziehbar – Erlöse ins Ausland („Steuerparadiese”) zu transferieren und in Deutschland nur Verluste auszuweisen.

ES ERGEBEN SICH BEKLEMMENDE FRAGEN

• Wie kann sich der einzelne Schuldner, auch wenn er sein Darlehen korrekt bedient hat, bis er in eine Notlage geriet, gegen eine übereilte Zwangsvollstreckung wehren, wenn Kreditverkäufe im großen Stil durch die Gesetzgebung (erst) ermöglicht und von oberflächlicher, verbraucherfeindlicher höchstrichterlicher Rechtsprechung gedeckt werden?

• Wie kann sich der einzelne Schuldner gegen eine übereilte Zwangsvollstreckung wehren, wenn Vollstreckungsgerichte widerwillig und schablonenhaft reagieren, Prozesskostenhilfe-Anträge ablehnen und selbst konkrete und ernsthafte Suizidgefahren bei den Schuldner-Familien nicht als (zumindest zeitweiliges) Vollstreckungshindernis anerkennen?

• Wie lange noch wird das Abdrängen von Menschen in Insolvenzen und Zwangsversteigerungen auch noch durch Steuerbefreiungen und Steuerbegünstigungen für die Täter staatlich gefördert?

• Wie lange noch wird eine ausbalancierte Bank- und Kreditkultur und der Schutz auch von in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Bankkunden der „freien Entfaltung der Kapitalmärkte” geopfert?

AUFRUF ZUR HILFE FÜR OPFER VON KREDITVERKÄUFEN

Ich suche Verbündete für eine Interessen- und Solidargemeinschaft, die im Interesse aller Betroffenen alle zivil- und strafrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Wer hilft und unterstützt uns?" (Bitte wenden sie sich an die Verbraucherverbände und nicht an das iff)