Frau Merkel sagt, der Deutsche Staat hafte ab sofort für alle Bankeinlagen.

Richtigstellung: Die Bürgschaft von 1 Billion € entspricht dem Bundeshaushalt von vier Jahren. Wir leben in einer Demokratie. Das Haushaltsrecht liegt beim Parlament und nicht bei der Kanzlerin. Sie kann die Bundesrepublik nicht pressewirksam an den Banksektor verpfänden. Juristisch hat ihre Aussage keinerlei Bedeutung. In der Sache hat sie Recht

Gleichwohl muss (außer den Spekulanten aber die wohl leider auch nicht s.u.) niemand Angst haben. Alle Bankeinlagen sind bis zu 20.000,- € europaweit gesichert.

Darüberhinaus kann man nur Geld bei Banken verlieren, wenn eine Bank insolvent wird. Das ist in Deutschland im Genossenschafts- und Sparkassenbereich praktisch ausgeschlossen, da sie sich gegenseitig als Institute garantieren. Bis vor kurzem haftete der Staat noch direkt für die Sparkasseneinlagen („Gewährträgerhaftung”). Das hat die EU mit ihrem Privatisierungsdruck verboten.

Im Geschäftsbankensektor gibt es keine Institutsgarantie. Dafür gibt es dort einen Feuerwehrfonds aller Banken (eine Gesellschaft aller Privatbanken, der sie versprochen haben, bestimmte Gelder zur Verfügung zu stellen, wenn sie sie braucht). Der Fonds (nicht die anderen Banken selber) haftet für alle Forderungen in praktisch unbegrenzter Höhe. (1/3 des Eigenkapitals pro Kunde) Beim Konkurs der Fischerbank hat er sich bewährt und alle ausbezahlt. Niemand brauchte auf sein Geld zu warten. (Der Fonds sichert allerdings nicht Schuldverschreibungen der Banken) Er kann aber selber Konkurs gehen. Das wäre im Fall der Hypo Real Estate wohl der Fall, wenn der Staat nicht eingreifen würde. (ca. 400 Mrd. € Schulden bei unklarerem Wert der Forderungen)

Kein Staat der Welt, der international Kapitalanlagen einwirbt, kann sich den Konkurs (fail) einer großen (big) bzw. einer in das Netzwerk eingebundenen (interconnected) Bank leisten. „Too big to fail, too interconnected to fail” Deshalb garantieren die USA (Fannie Mae), England (Northern Rock), Holland (Fortis), Deutschland (IKB, Bayern LB, HRE, Berliner Bank) ihre konkursreifen Banken mit Staatsgeldern.

Genau das meint Frau Merkel und nicht mehr.

Frau Merkel meint, die Manager der Banken würden zur Verantwortung gezogen.

Richtigstellung: Es gibt keine rechtliche Handhabe in Deutschland, um Manager für Investitionsentscheidungen, die lediglich aus Gewinnsucht für das Unternehmen gefällt wurden, zur Rechenschaft zu ziehen. Das deutsche Recht schützt nur das Unternehmen gegen seine Manager, nicht aber den Staat, die Kunden oder die Gesellschaft. Richtig ist vielmehr, dass die Manager bisher noch nicht einmal alle abgelöst sind, noch Abfindungen erhalten werden und ihre bereits realisierten Optionsgewinne behalten können. Eine rückwirkende Gesetzgebung kann es nicht geben.

Der Finanzminister meint, (ebenso Presse, alle Parteien (siehe jetzt auch Interview Lafontaine)), es gäbe keine Alternative für die Staatsbürgschaften und Milliardensubventionen.

Richtigstellung: Er hat für den Augenblick Recht. Das Handelsblatt meint (6.10.2008 S.1) „Wenn ein Schwerverletzter nach einem Unfall blutend auf der Straße liegt, fragt kein Notarzt nach der Versicherungskarte.“ Der Vergleich hinkt und ist gefährlich. Die Banken gleichen eher den Drogenabhängigen und nicht den Schwerverletzten. Auch bei Drogenabhängigen ist es zunächst notwendig, weiter für sie Drogen zu besorgen, damit sie fortexistieren können. Gleichwohl ist es im Interesse einer langfristigen Änderung nicht gleichgültig, wie man ihnen die Droge Geld gibt. Ist es Methadon oder Heroin, sollen Apotheken oder Dealer an der Ecke die Drogen verteilen. Banken sind keine Menschen sondern Institutionen, von denen Menschen abhängen. Wir sollten den Menschen helfen und nicht nur den Institutionen.

Aktuell erhalten die von der Droge Profit Abhängigen einfach nur mehr Geld. Sie werden für ihr Tun belohnt. Die wirklichen Profiteure haben nämlich bereits ihr Geld durch Weiterverkauf des Forderungsschrotts realisiert. Warren Buffet, George Soros, die Fonds Cerberus und Lone-Star überbieten sich im Augenblick, um ihre realisierten Profite durch Übernahme der Banken und Fonds zum Nulltarif noch einmal zu vervielfäligen. Die Aktienkurse bankrotter Unternehmen steigen dramatisch mit jeder Staatshilfe, die damit unmittelbar den Investoren zufließt, wenn die Aktien nicht im Gegenzug für die Hilfe eingezogen werden, was nur in den USA, England und Holland der Fall ist.

Der Finanzminister meint, ein Bankenkonkurs ist nicht möglich.

Richtigstellung: Der Konkurs gehört zum Wesen des Kapitalismus. Da höhere Renditen immer auch höheres Risiko bedeuten, wäre dem Wucher keine Grenze gesetzt, wenn sich nur die Gewinne aber nicht auch die Verluste verwirklichen würden. Wenn z.B. die HRE dem Nachbarn 5,1% Zinsen auf die 100.000,- € auf seinem Festgeldkonto gezahlt hat (=jährlich 5.100,- €), während der Sparer nebenan bei der Sparkasse 1 % auf das Sparbuch bekam (100,- € bei seiner Sparsumme von 10.000,- €), dann garantiert jetzt Frau Merkel dem HRE Kunden 5.100,- € und mir 100,- €. Sie nimmt denjenigen jedes Risiko, die in ihrer Gier Risiken nicht sehen wollten. Wer durch seine niedrigzinsliche und sorglose Kreditvergabe den Preis der Häuser verdoppelte und dann darauf wieder Kredite ausgab, die er verkaufte, hat einen großen Gewinn gemacht oder erhält ohne Konkurs das Geld vom Staat. Die Möglichkeiten des Konkursrechtes, betrügerische Transaktionen rückgängig zu machen, entfällt ohne Konkurs. Ohne Konkurs werden die Geldbesitzer immer reicher und die Arbeitenden immer ärmer. Die Lernfähigkeit des Kapitalismus wird ausgeschaltet.

Daher ist in unserer Insolvenzordnung auch der Bankenkonkurs vorgeschrieben wird aber nicht angewandt. Allerdings gibt es viele Unternehmen, die wir noch viel weniger als eine Bank Konkurs gehen lassen können: vom Krankenhaus über das E-Werk bis hin zur Müllabfuhr. Wir brauchen ihr Funktionieren. Deshalb muss der Konkurs solcher Unternehmen besonders sein. Es sollten nur bestimmte Funktionen einer Bank Konkurs gehen können.

Wir brauchen ein Bankeninsolvenzrecht, in dem alle Forderungen sortiert und danach unterschieden wird, welche Anteile einer Forderung aus Spekulationsgewinnen und welche aus echtem Vermögen bestand. Sparbücher, Zinserträge bis zu 2%, jede Art der privaten Altersvorsorge, Vorsorge für Ausbildung, Risiken und Krankheit, alles das müssen wir unbedingt sichern. Wir müssen ausländische Investitionen sichern, soweit durch sie echtes Geld zugeflossen ist, damit sie Deutschland in Zukunft nicht meiden.

Wenn der Staat Geld gibt, das allen gehört, dann muss er aufpassen, wem und wofür er es gibt.

Die Bundesregierung meint, die Rettungsaktion helfe uns allen

Richtigstellung: Aktuell werden die Reichen belohnt und die Armen bestraft. Nach der Krise wird viel Geld umverteilt sein. 40% der Haushalte haben kein Sparvermögen, sie erhalten keine Garantie. Diese „Kreditbürger” werden weiterhin in Konkurs geschickt, wenn ihnen nur 1.000,- € fehlen, um eine persönliche Krise bei Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit etc. zu überstehen. Für sie wird es auch in Zukunft keine Staatsgarantien für frisches Geld geben und die Banken werden ihnen vorhalten, dass sie wegen der (reichen) Sparer keine Nachsicht mit ihnen üben dürfen.

Darüberhinaus dürften 60% kein Sparvermögen über 20.000,- € besitzen. Auch ihnen nützt die Garantie nichts. Dafür haben diese Haushalte aber häufig Kapitallebensversicherungen, deren Sicherung bisher die Regierung noch nicht interessiert, obwohl auch Versicherer dies Geld risikoreich angelegt haben.

Wenn die Renditen der Wohlhabenden jetzt vom Staat bezahlt werden, dann muss der Staat dies woanders einsparen. Er wird es einsparen bei der Arbeitslosenversicherung, die dann für die Arbeitslosen noch weniger tun kann. Er wird alle bei der Gesundheit zur Kasse bitten. Er wird bei der Sozialhilfe einsparen und in den Kindergärten. Mit 10,- € pro Kind macht man sich gerne international lächerlich um die dramatische Kinderarmut in Deutschland zu beschönigen.

Die Grünen meinen „Die Finanzmarktkrise ist bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern angekommen.”

Richtigstellung: Die Finanzmarktkrise ist aus der Benachteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher in den letzten 10 Jahren im Finanzsystem überhaupt erst entstanden. Nicht nur in Amerika hat sich die Kreditqualität im Hypotheken- und Konsumkredit radikal verschlechtert. Immer größere Teile der privaten Schulden bestehen aus Zinsen, Gebühren und Provisionen oder wertlosen Finanzierungsgegenständen („Schrottimmobilien”) und illusionären Unternehmenswerten. Der Schuldnerschutz wurde abgebaut, die Zinssätze sind dank versteckten Innenprovisionen oder durch individuelle Gestaltung nur noch eine Schimäre. Nicht die oberen 50% (die „Anleger”) sind Verbraucher. In der gigantischen Umverteilung der letzten 10 Jahre von arm auf reich hat sich eine Klasse der Kreditnehmer gegen die Klasse der Anleger („Kreditgeber”) gebildet. Wenn wir die Kreditnehmer schützen, wird es weniger Risiken gegeben, die als verbriefte Anlageprodukte erst hohe Renditen versprechen und dann staatlich gerettet werden müssen.

Lafontaine meint, eine Verstaatlichung wäre besser.

Richtigstellung: Staatliche und gemeinnützige Banken (Berliner Bank AG, WestLB, BayernLB, SachsenLB, KfW, IKB, BfG) waren bisher dann, wenn sie so groß waren, dass sie am internationalen Verkehr teilnehmen konnten, eine besondere Belastung, ganz abgesehen von der Versuchung der Korruption, wenn Banken mit Politikern verquickt sind (Berlin oder Griechenland). Die Aufgabe des Staates im Bankensektor ist nicht deren Besitz sondern die Vorgabe der Regeln und Rahmenbedingungen und die Verhinderung, dass der Privatsektor die Gemeinschaft schädigt. Daher müssen Risiken aus Geschäften in der Privatwirtschaft auch dort bleiben.