Korruption und kein Ende?
Während in den spanischen Zeitungen die Hälfte der Informationen mit Terrorismus aller Schattierungen belegt ist, die Engländer sich über ihre Sexskandale freuen, müssen wir Deutschen uns täglich mit den unappetitlichen Meldungen über Korruptionsskandale auseinandersetzen.
Allein am 25.3.2010 berichtete die Süddeutsche Zeitung von den 185 Mio Dollar, mit denen Mercedes sich in den USA von seinen Bestechungen in China, Nigeria, Griechenland und anderen Staaten freikaufen mußte. Die 1,3 Mrd. Dollar, die Siemens zur Unterminierung der Moral vor allem in die dritte Welt zahlte wurden bereits mit fast 900 Mio Dollar geahndet, die nicht nur seine Arbeitnehmer sondern auch seine Verbraucher zu erwirtschaften haben. Gleich daneben erfährt man, dass gegen Ferrostaal, eine ehemalige MAN Tochter ermittelt wird. Dass bei der BayernLB und im Verkauf der Alpe Adria 100te von Millionen in private Taschen flossen fällt kaum noch auf. Aber es geht weiter: Die Nobelbank Sal. Oppenheim schmierte ihre Führungsriege mit dem alten Bestechungstrick, die Negativ Renditen auf Negativ-Vermögen zu senken, was bei Minus mal Minus bekanntlich plus bedeutet. Ihre Managerdarlehen waren subventioniert genauso wie die Berliner Bank sowie die SachsenLB den Politikern einst „Vorzugskonditionen“ gewährte.
Die Aufdeckung kommt aber leider meist aus dem Ausland, hier insbesondere aus den USA. Während man bei uns noch lange Zeit Bestechungsgelder ausländischer Regierungen als Unkosten absetzen konnte, gibt es in den USA seit 1977 den Foreign Corrupt Practices Act, also das Gesetz gegen Bestechung im Ausland, nach dem Siemens und Mercedes zahlen müssen. Außerdem haben die angelsächsischen Länder sog. Whistleblower Gesetze, bei denen diejenigen, die über interne Praktiken berichten, vom Staat geschützt werden.
Effizienz, Monopol, Moral und Recht
Beides hätte Deutschland dringend nötig. Wir sind ein Volk, das gerne gehorcht. Wir haben Arbeitnehmer, die gerne in Gemeinschaften leben und deshalb das deutsche korporative Modell der Sozialpartnerschaft im Betrieb erfunden haben. Wir rühmen uns unserer Kameradschaft, die durch „dick und dünn“ halten soll und eben auch die persönlichen Bande über die Sauberkeit der Wirtschaft stellt. Das sind alte feudale Werte, die in einem Land, in dem im 19. Jahrhundert die demokratische Bildung eines Nationalstaates für alle, die dort wohnten, misslang weiterleben, weil unsere Wirtschaftsführer zu Adeligen derer „von“ Siemens und Halske, „von“ Bohlen und Halbach, „von“ Pierer etc. wurden, die kurzerhand den Manchesterkapitalismus übersprangen. Gleichzeitig aber erodierte auch bei uns Moral, Religion, Ethik sowie eine unbestechliche Administration unter den Verlockungen individueller Freiheit und Gewinnmöglichkeit.
Ein zurück wird es nicht mehr geben. Deshalb sollte Deutschland dankbar für die Anregungen und Ermittlungen sein, die italienische, spanische und amerikanische Staatsanwälte und französische Untersuchungsrichter in „deutschen“ Angelegenheiten führen. Wir sollten möglichst bald eine Gesetzgebung auf den Weg bringen, die Bestechung, Korruption, Begünstigung und monoplistische Kumpanei zwischen Politik und wirtschaft effektiv bekämpft, bevor wir im Sumpf versinken.
Stattdessen schaffen wir immer neue Monopole in der Wirtschaft und Gesellschaft, die mit dem Schlachtruf der Effizienz alle Entscheidungsgewalt bei Einzelnen ob in Universität, Schule oder Krankenhaus oder aber in Unternehmen, Verwaltung oder Bundesstaat konzentrieren. Effizienz kann entweder durch Wettbewerb oder durch Recht vor der Korruption geschützt werden. Eines von beiden aber müssen wir uns auch in Deutschland leisten.