Unter Ausspruch der Kündigung des Girokontos im Fall der Ablehnung der Gebührenerhöhung will die Saalesparkasse Verbraucher zur Zustimmung bewegen, statt wie bisher 2,50 Euro ab Juni 12 Euro pro Monat für ihr Girokonto zu zahlen. Begründung: „Die Aufwendungen, die der Sparkasse bei der Führung Ihres o.g. Girokontos entstehen, liegen deutlich über dem Durchschnitt.” Die Kündigung bzw. die Ausnutzung der Zwangslage von vielen überschuldeten Bürgern zur Durchsetzung des fünffachen Preises ist besonders im Vorfeld zur Einführung des P-Kontos ein Skandal.
Der Gesetzgeber wollte mit dem P-Konto keine Zweiklassengesellschaft erreichen und besonders armen und überschuldeten Bürgern höhere Kosten auferlegen, sondern das neue P-Konto sollte gerade nicht „mit zusätzlichen Kosten verbunden werden, denn der Zugang zum geschützten Existenzminimum darf nicht von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht werden.” (Bundestags-Drucksache 16/12714, S. 17). Die Sparkasse will dies nun umgehen, indem sie im Vorfeld zur Einführung des P-Kontos Bürger unter Druck setzt und bei Widerspruch die Konten vor Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung die Girokonten noch schnell kündigt.
Der Gesetzgeber hielt es nicht für notwendig, ein Recht auf ein Girokonto zu verankern. Nur das Recht auf Umwandlung eines bestehenden Girokontos in ein P-Konto wurde geschaffen. Kündigt die Saalesparkasse den Bürgern vor dem 1. Juli, haben die Bürger damit auch keinen Anspruch mehr auf ein P-Konto. Da kommt die vermeintliche Kündigung der Saalesparkasse gerade rechtzeitig:
„Für den Fall einer Ablehnung erhöhten Kontoführungsentgeltes durch Sie, kündigen wir den Kontoführungsvertrag hiermit zum Ablauf des 17.06.2010.”
Nicht nur, dass diese Praxis gegen die Intention des Gesetzgebers verstößt, die Rechtsprechung missachtet und in sittenwidriger Weise die Zwangslage der Betroffenen ausnutzt, wo eine gebotene Rücksichtnahme gefordert ist. Die Sparkasse verstößt auch noch gegen das Landesrecht, welches die Sparkasse zur Führung eines Girokontos verpflichtet. Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) hält daher die flächendeckende Kündigung von Girokonten in diesem Fall grundsätzlich für unwirksam.
Die Erhöhung von Kontoentgelten bei den Ärmsten der Gesellschaft und vielfach angedrohte Kündigungen sind ein denkbar schlechter Start für das P-Konto am 1. Juli 2010, das die Situation der Betroffenen eigentlich verbessern sollte.
Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) fordert alle Banken und Sparkassen auf, keine Kündigungen und Erhöhungen von Kontoentgelten im Vorfeld zur Einführung des P-Kontos auszusprechen und allen Betroffenen zum 1. Juli 2010 ein P-Konto zum üblichen Preis eines Gehaltskontos zu gewähren.