Die Klausel zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung begünstigt auch den Erwerber einer Sicherungsgrundschuld. Bei freien Grundschulden muss der Rechtspfleger dagegen die Klauselerteilung von Amts wegen verweigern. (LS des Verfassers)
(BGH Urt. v. 30.3.2010 XI ZR 200/09)

Der Bundesgerichtshof hat den in Verruf gekommenen Kreditverkäufen an Hedgefonds wie Lonestar nachträglich eine Legitimation gegeben allerdings auch Schranken aufgezeigt. Nach dem Urteil können entgegen der Auffassung seines ehemaligen Senatspräsidenten Schimanski die Hedgefonds nämlich nicht nur gem. §398 BGB als neue Gläubiger der Kreditnehmer u.U. in fernen Ländern ohne Zustimmung der Bewohner die Forderungen erwerben (nicht jedoch deren Verpflichtungen schuldbefreiend übernehmen!). Sie erhalten auch dazu noch ohne Gegenleistung das Druckmittel einer von richterlicher Überprüfung befreiten Androhung sofortiger Zwangsvollstreckung, mit denen in der Vergangenheit vor allem Konditionenerhöhungen erreicht wurden. Mit dem Urteil wird 1. die Vertragsfreiheit der Verbraucher entscheidend eingeschränkt, gleichzeitig aber auch 2. Fragezeichen hinter die Praxis der sofortigen Zwangsvollstreckung gesetzt, so dass man 3. das Verfassungsgericht anrufen und den Gesetzgeber auffordern muss, die verpasste Gelegenheit verfassungskonformer Regulierung im Risikobegrenzungsgesetz nachzuholen.

1. Der Übergang von einem „gerechten“ zu einem nur noch wirtschaftlich „effizienten“ Recht ist bedrohlich.

a) Mit der Begründung nimmt der Bundesgerichtshof bereits eine von der EU drohende Umgestaltung des BGB durch den vorliegenden Entwurf eines Common Frame of Reference (DCFR) vorweg, wonach die wirtschaftliche „Effizienz“ in Zukunft neben der Gerechtigkeit zum gleichberechtigten Prinzip des Zivilrechts werden soll. Dabei ist nicht die Effizienz der Verbraucher sondern der Anbieter gemeint, wie die nachfolgende Begründung des BGH deutlich macht. Dort heißt es: Könnte eine Bank die Kreditsicherheiten nur ohne Vollstreckungsunterwerfung übertragen, wäre die Möglichkeit von Forderungsverkäufen in erheblichem Maße beeinträchtigt und nur ein niedrigerer Kaufpreis zu erzielen (in diesem Sinne auch Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1824; Bork, ZIP 2008, 2049, 2053).“

Der Ausschluss des Rechtsweges spart also Kosten. Das ist für Gläubiger nicht neu und man darf sich nur fragen, warum nicht auch in Zukunft bei allen Forderungen die Gläubiger das Recht erhalten, zunächst einmal ohne richterliche Anordnung das Gehalt oder Konto zu pfänden oder den Privat-PKW erst einmal mitzunehmen und es der Initiative der Verbraucher zu überlassen, ob die dazugehörigen Ratenkredite vom Richter als sittenwidrig erkannt werden. Ob dies allerdings mit Art. 19 S.4 GG vereinbar ist, sollte jetzt das Bundesverfassungsgericht prüfen.

b) Doch das Wirtschaftsverständnis des Bankensenats geht noch einen Schritt weiter. Er übernimmt die Einschätzung, dass dies dem Verbraucher letztlich doch nützt, „zumal diese kostengünstige Titulierung auch dem Schuldner Vorteile bringt (dazu Bork, ZIP 2008, 2049, 2058; Habersack, NJW 2008, 3173; Volmer, ZfIR 2008, 634; Wolfsteiner, WuB IV C. § 307 BGB 4.08)“. Weil das so ist, „bleibt es dabei, dass sich der Schuldner im Falle einer unberechtigten Zwangsvollstreckung mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen zur Wehr setzen muss, ohne dass ihn dies unangemessen benachteiligt.“

Im Mahnverfahren haben wir eine ähnliche Konstellation. Dort haben Untersuchungen ergeben, dass rechtswidrige Forderungen vorbei an den Gerichten allein deshalb vom Staat eingetrieben werden, weil sich die Verbraucher gegen diese amtlichen Siegel nicht wehren. Ein Senatspräsident am OLG Frankfurt hat deshalb einmal die Gerichte spöttisch als „Dienstleistungsbetriebe der Wirtschaft“ bezeichnet. Das hatte seinerzeit auch der Gesetzgeber anerkannt, als er wucherische Zinssätze gem. § 688 Abs.2 Ziff. 1 ZPO vom Mahnverfahren ausnahm (was angesichts der Verlagerung der Zinsen in die Restschuldversicherung inzwischen Makulatur ist.) Genau dieses Problem haben wir inzwischen bei den Kreditverkäufen an Hedgefonds. Beim Mahnverfahren hatte der Gesetzgeber die Freiheit von richterlicher Kontrolle noch ausdrücklich bestimmmt, weil die angeblich „unstreitigen Ansprüche“ schneller realisiert werden sollten. Von einer formularmäßigen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung steht im Gesetz dagegen nichts.

c) Der Bundesgerichtshof findet dies nicht nur zulässig sondern auch gerecht. Es sei gleichwertig, ob ein Richter überprüft, ob die Forderungen bestehen, für die eine Zwangsversteigerung erfolgt oder ob eine Bank sich die richterfreie Möglichkeit der sofortigen „Zwangsversteigerung“ nimmt und der Verbraucher dann erst vor den Richter gehen kann. So heißt es: „Demgegenüber wird der Schutz des Schuldners gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Vollstreckungsmöglichkeit in ausreichender Weise durch die Vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe mit der Möglichkeit der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung und durch eine Schadensersatzpflicht der Bank bei missbräuchlicher Ausnutzung des Vollstreckungstitels gesichert (BGHZ 99, 274, 284).“

d) Akzeptieren Verbraucherschützer heute die ausgedehnten Selbsthilfe (bzw. Selbstbedienungs)rechte der Banken auf dem Girokonto, bei Mahnverfahren und auch in der sofortigen Zwangsvollstreckung so geschieht dies widerwillig noch deshalb, weil man sich immerhin noch die Bank seines Vertrauens aussuchen kann und es eine Bankenaufsicht hierüber gibt. Der Protest hat sich erst entfacht, als solche Selbsthilferechte verkäuflich wurden und, wie der Senat richtig erkennt, daraus mit einem Aufpreis Geld gemacht wird. Nur irrt der BGH, wenn er meint, die deutschen Banken würden international benachteiligt, wenn sie das nicht mehr könnten. Das Gegenteil ist der Fall. Solche Rechte, die ja eine Leistung der deutschen Gerichte an sie darstellen, sind international durchaus nicht üblich und geben den deutschen Banken einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil im Markt der Mortgage Backed Securities (MBS) (Grundschuldmarkt). Die Eigenheimbesitzer haben sich daher auch erst empört, als ihnen aus Texas eine Zwangsvollstreckung wegen eines mit einer deutschen Bank abgeschlossenen Kredites angedroht wurde, wenn sie nicht einer Zinserhöhung zustimmten.

2. Doch so schlimm ist das Urteil auch nicht. Es gibt einige Anzeichen, dass es diesen Rechtszustand selber nicht für unabänderlich hält.

a) Zunächst begrenzt der Bundesgerichtshof die Abtretbarkeit auf Sicherungsgrundschulden und erkennt eine „Missbrauchsgefahr, wenn die titulierte Forderung tatsächlich (nicht) abgetreten wird. Deshalb will er dem Erwerber einer Grundschuld ohne dazugehörige Forderung bzw. die nicht als Sicherungsgrundschuld bestellt wurde, das Selbsthilferecht verwehren, weil „damit (nicht) auch Ansprüche aus einer isolierten Grundschuld gemeint sind. Gegen ein solches Verständnis spricht entscheidend, dass die Unterwerfung – was in der vorformulierten notariellen Urkunde auch Ausdruck gefunden hat – anlässlich der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld erfolgt ist. … Angesichts dieser Umstände hat der Schuldner ein – für den Verwender der Klausel auch erkennbares – Interesse daran, dass die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung nur im Rahmen der ursprünglichen Zweckbindung der Grundschuld erfolgt.“ Er orientiert sich damit also doch am Parteiwillen und hätte Anlass, die Klausel restriktiv auch auf den ursprünglichen Partner hin zu begrenzen.

b) Weiter geht der BGH ausführlich darauf ein, dass zum Zeitpunkt, in dem der zu entscheidende Fall spielte, Kreditverkäufe noch nicht üblich waren und damit die aufgezeigten Missbräuche nicht existierten: „Dass Kreditverkäufe an Finanzinvestoren bereits im Jahr 1989 in erheblichem Umfang angefallen sind, wird weder von der Revision geltend gemacht, noch sind dafür sonst Anhaltspunkte ersichtlich. „Er relativiert dies zwar sogleich wieder: „Darüber hinaus gibt eine veränderte Praxis von Kreditverkäufen auch unabhängig vom Zeitpunkt der Unterwerfungserklärung keinen Anlass, deren Wirksamkeit in Frage zu stellen.“ Doch was sollten dann die Ausführungen zu 1989? Eine Hintertür für die Opfer von Hedgefonds bleibt damit offen.

c) Der BGH fühlt sich auch aus wirtschaftlichen Gründen zur Akzeptanz des Status quo gedrängt, weil er meint, die Alternative wäre wohl, alle Klauseln zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung im Hypothekenkredit für nicht erklären zu müssen, falls er feststellt, dass es „nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam“ ist. Wer aber möchte schon mit einem Urteil so nebenbei den deutschen Hypothekenmarkt aus den Fugen bringen. Das kleinere Übel ist dann die Behauptung, „die formularmäßige Unterwerfungserklärung benachteiligt die Klägerin nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“. Hätte sich der BGH dagegen mit einer Auslegung der Klausel gem. §§133, 302 bzw. 305b BGB beschäftigt ohne §307 BGB (§9 AGB-G) zu bemühen, so hätte er sie vielleicht auch in der vom Verbraucher gewollten Form aufrecht erhalten können. Solche Probleme hat der jetzt zuständige Gesetzgeber jedenfalls nicht.

d) Auf ihn weist der BGH letztlich hin, wenn er meint, dass das Justizministerium der letzten Regierung seinerzeit beim Risikobegrenzungsgesetz durchaus wusste, wo die Probleme lagen, und durch ein Informationsrecht bei Kreditverkäufen den Verkauf gerichtsfreier Zwangsvollstreckugn durch Hedgefonds billigend in Kauf nahm: „Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass auch der Gesetzgeber bei Schaffung des Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. August 2008 (BGBl. I S. 1666) davon ausgegangen ist“. Dieses dilettantische Gesetz, bei dem wie wir berichteten, in der Vorbereitung noch Kreditverkauf und Forderungsabtretung verwechselt wurden und die Ministerin erst keine Probleme sah und dann sie doch zu regeln vorgab, hat in der Tat eine merkwürdige Form des Verbraucherschutzes berühmt gemacht. Danach wird Betrug am Verbraucher vom Gesetz legitimiert, dass ihn durch Aufklärung zu schützen vorgibt. Ein solches „Informationsmodell“ schafft einen scheinheiligen Verbraucherschutz gegen Verbraucher, indem es Unrecht zu Recht macht, wenn es nur transparent gemacht wurde. Es schiebt also die Verantwortung dem Gesetzgeber zu, der sie dann bitte auch annehmen sollte.

e) Ein echter Fortschritt liegt schließlich darin, dass der BGH die Verlagerung der Klagezumutung auf den Verbraucher für freie Grundschulden ablehnt und die Klauselerteilung zu einem kleinen Gerichtsverfahren macht, das die Forderung überprüft, wenn es heißt: „Diese Lösung hat den Vorteil, dass bereits im Klauselerteilungsverfahren die für die Titelumschreibung zuständige Stelle von Amts wegen prüfen muss, ob der neue Grundschuldinhaber den Eintritt in den Sicherungsvertrag nach den Maßgaben des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen hat.

3. Ergebnis

Im Ergebnis sind Gesetzgeber und Verfassungsgericht gerufen, um auch diese Wunde, die die neo-liberale Rechtspolitik ins BGB geschlagen hat, zu heilen. Zentraler Punkt ist dabei §415 BGB, den das Bundesverfassungsgericht zu §14 VAG bereits gegenüber der Versicherungsindustrie zu einem durch Art. 14 und 2 GG geschützten Eckpfeiler der Vertragsfreiheit gemacht hat. Wer sich seinen Anbieter auf dem Markt aussucht, kann sich seiner dadurch eingegangen Verpflcihtungen nicht durch Verweis an einen anderen u.U. nicht einmal der Bankenaufsicht unterstehenden Anbieter entledigen. Wer seiner Bank erlaubt, ohne Anrufung des Richters nach eigener Entscheidung in ein Grundstück zu vollstrecken, der hat ihr damit auch die Pflicht auferlegt, mit diesem Recht sorgfältig umzugehen und dessen gesetzlich geschützte Interessen zur „Rücksichtnahme“ (§241 BGB) nicht dem Gewinnstreben zu opfern. Da Pflichten nach ganz einhelliger Meinung ohne Zustimmung des Kunden nicht übertragbar sind, kann ohne Verletzung von §415 BGB und Art. 2 GG die Pflicht zur Kundentreue nicht von dem Recht zur richterfreien Zwangsvollstreckung getrennt werden. Die lapidare Ablehnung der „von Reifner in BKR 2008, 142, 148 f. vertretenen Ansicht, dass für die Unterwerfungserklärung des Schuldners gemäß § 305c Abs. 2 BGB ein Abtretungsverbot anzunehmen sei, weshalb das Recht zur sofortigen Zwangsvollstreckung ohne dessen Zustimmung nicht auf jeden künftigen Grundschuldinhaber übertragbar sei“ mit dem Argument, die Grundschuld gehe doch „unter den Voraussetzungen des § 795 Satz 1, § 727 Abs. 1 ZPO kraft gesetzlicher Anordnung auf den Rechtsnachfolger hinsichtlich des titulierten Anspruchs über, ohne dass es einer Abtretungsvereinbarung bedarf (so zutreffend Volmer, ZfIR 2008, 634, 635)“ ersetzt Inhalt durch Form und geht damit auf das eigentliche Problem der Vertragsfreiheit in §415 BGB nicht ein. (UR)