Existenzgründungen in Deutschland stagnieren. Obwohl der Mittelstand das Rückgrat der Wirtschaft ist, richtet sich in Deutschland alles nach den Großunternehmen, die wiederum mit den Banken eng zusammenarbeiten. Der Mittelstand gerät dabei trotz vieler Sonntagsreden aus dem Blickfeld. Insbesondere hat die Kreditversorgung Probleme, die man allerdings nicht bei den existierenden Mittelständlern, die man bei uns gerne bis 500 Beschäftigte definiert, erkennen kann. Vielmehr muss man hier die potentiellen Existenzgründer betrachten, wie es das iff in mehreren Studien (vgl. Reifner et alt. „Kleinunternehmen und Banken in der Krise“) dargelegt hat.
Die Französische Regierung ist um dieses Segment dagegen sehr besorgt und hat vor allem die große Gruppe der Ein-Personen-Unternehmen im Auge, die auch in Deutschland für fast 90% der Kleinbetriebe steht.
Nach einer Erhebung des Statistischen Amtes in Frankreich (INSEE) stieg die Anzahl der selbstgeführten Kleinunternehmen von 2009 auf 2010 von 331.736 auf 580.193 Existenzgründungen. Grund ist die Schaffung einer neuen Kategorie von Unternehmen, den Selbst-Unternehmen (Auto-Entrepreneurs) durch das Gesetz vom 4.8.2008, das das „TEPA“ vom 22.8.2007 zur „Modernisierung der Wirtschaft“ fortschreibt. Wichtigste Maßnahme ist die Befreiung von Selbstbeschäftigten von der Mehrwertsteuer. Bereits bis dahin sah das Gesetz eine Befreiung für in Kleinunternehmen (< 20 Beschäftigte) geleistete Überstunden von Steuern und Sozialabgaben vor. Außerdem wurde die Vermögenssteuer ("Solidaritätssteuer") für Vermögen bis 50.000 um 75% gesenkt. Weiterhin gibt es Vollstreckungsschutz für das private Haus bzw. die Wohnung.
In einer Untersuchung von Prof. Benoit Granger, Partner im ECRC in Frankreich, wird allerdings deutlich, dass nur ein sehr geringer Teil hier ein Unternehmen wirklich gründet. Die meisten verschaffen sich als Arbeitslose oder Beschäftigte auf diese Weise einen Nebenverdienst. Zuarbeiten zu bestehenden Unternehmen sowie persönliche Dienstleistungen im Kommunikationssektor überwiegen.
Gleichwohl wird die hohe Hürde vom Arbeitnehmer zum Unternehmer in Frankreich weiter abgebaut. Eine Minderheit ist auf dem Weg zum eigenen Unternehmen. Hier aber fehlen die entsprechenden Kreditangebote. Die meisten beklagen, dass sie keinen ausreichenden Zugang zum Kredit haben.
Eine besondere Hürde ist dabei in Frankreich die Unterscheidung in den Microcredit Programmen etwa von ADIE zwischen professionellem und Verbraucherkredit. In der Praxis sei diese Unterscheidung nicht sinnvoll, da der Unternehmer und das Unternehmen untrennbar seien und damit eine Investition in seine Person zugleich ein produktiver Unternehmenskredit ist.
Wesentliche Lehre ist, dass man
- über selbständige Nebenbeschäftigungen die Arbeitslosen näher an den Arbeitsmarkt heranführen kann
- Mehrwertsteuer und Vollstreckungsschutz wichtige Hebel sind, um zu motivieren und Ängste abzubauen
- das Kreditsystem der Banken für Verbraucher sinnvollerweise auf Kleinstunternehmen mit reduzierten Zinssätzen angewandt werden sollte
- mehr Forschung für adäquate Finanzierung in Feldversuchen notwendig ist.