Finanzielle Allgemeinbildung ist inzwischen ein beliebtes Einfallstor für Marketing, Wirtschaftsvertreter und Unternehmen in die Schule geworden. Da es keine Qualitätsstandards gibt und sogar die Bundesbildungsministerin sich mit dem Allianzkonzern hier zusammenschließt, kann jeder überall sich den Kindern in der Schule präsentieren. Eine Gruppe von Professoren der ökonomischen Bildung hat bereits mit einer „Studie über die Lobbyarbeit von Wirtschaftsverbänden in der ökonomischen Bildung”  Alarm geschlagen.

Über das Wirken von MLP in den Universitäten hat die Süddeutsche Zeitung ausführlich und kritisch berichtet. Wir haben MyFinanceCoach von McKinsey und Allianz begleitet und über den Schulterschluss zwischen Handelsblatt und Investmentbranche auf dem Weg in die Schule berichtet. Vorher hatten sich schon Deutsche Bank, Citibank, DSGV, Teambank, Creditplus Bank und DVAG mit Materialien engagiert. Dass es sich dabei um überall um Banken und andere Finanzdienstleister handelt ist nicht das Problem. Es gibt darunter sehr gute Projekte, die die Schulen gut gebrauchen können. Allerdings müssen gewinnorientierte Unternehmen sich besonders legitimieren und ethische Standards einhalten, wenn sie sich in öffentliche und gemeinnützige Schulen begeben. Das Schild „Bildung” hochzuhalten und mit Gratisprodukten werben lässt hier vermuten, dass man die Öffentlichkeit täuschen möchte.

Focus-Money Schulprojekt mit INitiative Neue Soziale Marktwirtschaft

So meldet sich jetzt auch Focus-Money mit einem „Schulprojekt” zu Wort.

„Das Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge wird in modernen Gesellschaften immer wichtiger; die Auseinandersetzung mit Themen zu ökonomischen Abläufen und Hintergründen ist gerade für Jugendliche entscheidend für ihre Weiterbildung und Karriere.

Aus diesem Grund hat FOCUS-MONEY das Schulprojekt „Wir erklären die Wirtschaft” ins Leben gerufen. Einmal im Monat erhalten interessierte Lehrer und Schüler das 8- bis 10-seitige PDF kostenlos per Mail. Zusätzlich wird der Text für die Anwendung im Unterricht didaktisch vom Medienpädagogischen Institut Promedia aufbereitet. Aktuelle Themen, eine spannende Aufbereitung und eine verständliche Erklärung bringen Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I und II ökonomische Zusammenhänge näher.”

Doch so unschuldig ist das Ganze nicht. Dahinter steht die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die auf ihrer eigenen Website zur Kennzeichnung des ehemaligen Bundesbankpräsidenten Tietmeyer bekennt: „Tietmeyer ist Kuratoriumsvorsitzender der von Arbeitgeberverbänden getragenen initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)”

Das INSM ist ein konservativer Think-Tank, der seine Aufgabe darin sieht, die Auffassung der Arbeitsgeberverbände in der Gesellschaft zu verbreiten. Dazu gehören dann auch zweifelhafte Thesen, die nach der Finanzkrise und den extremen Belastungen der öffentlichen Haushalte durch Rettungstaten direkt für Banken oder indirekt (Griechenland) durch Übernahme maroder Forderungen der Banken beim Schuldner zu diskutieren wären.

So schreibt INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengah: „In einer Sozialen Marktwirtschaft muss gelten: Unternehmen gehören in private Hand. Nur wenn Eigentümer und nicht die Allgemeinheit für Risiko und Verluste haften, sind die Voraussetzungen für nachhaltiges wirtschaftliches Handeln gegeben. Der Staat muss sich mit seiner eigentlichen Rolle, die des Hüters der Ordnung, begnügen – auch wenn das dem einen oder anderen Politiker schwer fallen mag.” Es ist dringend erforderlich, dass bei finanzieller und ökonomischer Bildung in der Schule eine öffentliche Kontrolle der Bildungsinhalte und damit auch derjenigen stattfindet, die die Schule besuchen, Materialien dort verteilen und sich als Lehrer gerieren.

Das iff hat mit seinen 10 Thesen zur finanziellen Allgemeinbildung einen Rahmen abgesteckt, an dem die verschiedenen Initiativen gemessen werden könnten. Bisher erfüllt kaum eine dieser Initiativen deren Anforderungen an Allgemeinbildung.