Vorteilsannahme durch Kreditkonditionen – wo bleiben die Berechnungen der Wirtschaftsredaktionen?

 

Unsere Berechnungen zum Wulff Kredit haben viele Reaktionen hervorgerufen. Eine Reihe von Wirtschaftsredakteuren haben ohne selber Zahlen zu nennen gemeint, der Wulff Kredit sei durchaus üblich. Doch analysiert hat ihn bis heute kein Wirtschaftsteil einer Zeitung. Das stellt die Frage, warum die gut dotierten Wirtschaftsjournalisten vor allem der überregionalen Zeitungen sich so vornehm bei einem doch immens wirtschaftlich brisanten Thema zurückhalten und allenfalls in blumigen Kommentaren auf die Kollegen des investigativen Journalismus zurückgreifen, von denen ja wiederum ausweislich der veröffentlichten Anfragen durch die Anwälte des Bundespräsidenten vor allem Spiegel, Bild, Stern und NDR sich hervortaten, während die Wirtschaftsredakteure eher die Ausnahme sind.

Immerhin geht es doch um die Frage, ob Banken sich in großem Maße die Gunst von Politikern dadurch erkaufen, dass sie die Zuwendungen in Kredit- und Anlageprodukten verstecken. Die Affären um Milbrath/Sachsen-LB, Landowski sowie die Politikerbonds für diverse Personen von der der Berliner Bank. Das Ganze wäre deshalb prekär, weil umgekehrt Milliardenbeträge in den Banksektor fließen und dabei sogar die überhöhten Provisionen, Tantiemen und Belohnungen der Banker in bankrotten Banken auf Staatskosten gezahlt wurden, ohne sie vorher auszusortieren. Inzwischen ermittelt ja die Staatsanwaltschaft gegen eine Reihe von Bankern, die über die Staatsrettung etwa in den Landesbanken(z.B. Bayern und HSH-Nordbank) sogar noch ihre Abfindungen garantiert bekamen. Politiker, die solche Geschenke vergünstigter Kredite entgegengenommen haben, sind natürlich erpressbar. Die Presse für Herrn Wulff erhöht diese Erpressbarkeit, weil jeder Politiker jetzt zu Recht fürchten muss, dass auch seine Finanzgeschäfte durchleuchtet werden. Da hätte die Presse eine große Aufgabe für die Demokratie – aber ist sie dafür gerüstet, wenn wir die Wirtschaftsteile der großen Tageszeitungen und ihre Wirtschaftsforen betrachten, die nahe an Hofberichterstattung grenzen?

 

Wirtschaftspresse – ein später Anfang

 

Warum die Wirtschaftsjournalisten so zurückhaltend sind hat ein Insider erklärt, der der Meinung war, dass Journalisten fast noch bessere Konditionen als Politiker erhalten, weil man den Einfluss dort für besonders wichtig hält, wie die Wulff-Affäre ebenfalls gezeigt hat, die ja nicht durch Wirtschaftsjournalisten ins Rollen kam. Die Sport- und die Wirtschaftsredaktionen nähmen sich nicht viel.

 

Nun hat dankenswerterweise Das Handelsblatt die Omerta der Wirtschaftsjournale durchbrochen und zunächst in einer Umfrage zu den Promi-Kunden der Banken zunächst nachgewiesen, dass die Wulff-Konditionen der BW-Bank im normalen Weg unerreichbar waren und damit einen klaren Vorteil darstellten. Weiter bestätigen seine Recherchen aber, dass die Banken Politiker-Produkte und Promi-Konditionen vorhalten, die über lange Zeit gestreckt erhebliche Begünstigungen und vor allem persönliche Bindungen und Erpressbarkeiten mit sich bringen. Leider hat das Handelsblatt nach den Konditionen für seine eigene Zunft sowie der sogenannten Experten in der Wissenschaft nicht gefragt.

Bei einem Wulff-Kredit kam heraus, dass er über 15 Jahre heute fest mit 3,71 – 3,69% bzw. bei einer anderen Bank 3,73% pa oder 3,62% pa und bei der BW-Bank sogar bei 4,2% p.a. liegen würde. Wulff-Konditionen sind das nicht. Der Abstand zum Euribor, bei Wulff noch 0,26%, würde jetzt bei 1,45% liegen. 2,8% wäre der beste variable Anfangszinssatz für eine mit Wulff-Daten vergleichbare Testkäuferin gewesen, so das Handelsblatt.

 

Doch das Handelsblatt erfährt auch, dass es bessere Konditionen gibt. Nur die werden nicht offengelegt. Die Fernsehzuschauer, die uns ihre Wulff-verdächtigen Konditionen schickten hatten sie trotz ihrer Schimpfe alle nicht. Schweizer Franken, kurze Laufzeit, 20 Mio Kredite, geförderter Investitionskredit etc., sie reichten trotz dieser Machart immer noch nicht an die Wulff-Konditionen heran. Was allerdings in der Sammlung fehlte sind die Konditionen der Minister, Bürgermeister, Abgeordneten und der Journalisten in den Wirtschaftsredaktionen der Zeitungen und des Rundfunks. Dass Sportler und Filmschauspieler hofiert werden, wissen wir aus dem Sponsoring. Dass man sie gerne als Kunden vorzeigt ist also normal. Vorzugskredite gehören daher zum Sponsoring. Aber warum bei Politikern und Wirtschaftsjournalisten, von denen man nie die bevorzugte Bank erfährt?

 

Gemeinnützigkeitsregister und Bankenaufsicht nötig

Man fragt sich, warum die BAFIN sich nicht um Politikerkredite kümmert. Sie verstoßen ganz offensichtlich gegen das Sachlichkeitsprinzip in der Kreditvergabe. Aber bevor hier etwas erfolgt, sollten wir über ein freiwilliges  Gemeinnützigkeitsregister diskutieren, wo alle, die vorgeben, für Öffentlichkeit und Gemeinnutz (Poilis) zu arbeiten, sich eintragen, wenn sie sich zu Transparenz der Konditionen verpflichten. Dort sollen nur die Konditionen, also unpersönliche Daten, öffentlich oder zumindest einem Kontrollgremium zugänglich gemacht werden. Das lässt Datenschutz und demokratisches Interesse vereinbar erscheinen. 

Bevor wir mit der Bankenregulierung zur Bewältigung der Krise beginnen, wie sie Frau Merkel in Davos erneut angekündigt hat und für die bereits 2 Jahre sinnlos verstrichen sind, sollten wir erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in Deutschland eine objektive Diskussion möglich ist, bei der Politik und Presse mit Wirtschaft und Wissenschaft (der dritten Problemgruppe) in einen Dialog einsteigen, bei der das Sachinteresse im Vordergrund steht und nicht die vielfältigen Möglichkeiten sich zu bereichern. Ein Vorbild hierfür gibt der erste Mann im Staat dafür allerdings nicht ab.