Effizienter Verbraucherschutz muss sich auf wichtige Themen konzentrieren

Die jüngste Marktuntersuchung der BaFin zeigt, es gibt immer noch keine saubere Statistik zu Restschuldversicherungen – Zahlen über Verbreitung und betroffene Verbraucher braucht man aber, wenn man sinnvoll Verbraucherschutz betreiben will.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Banken und Versicherungen im Rahmen einer Marktuntersuchung zu Restschuldversicherungen befragt. Die BaFin stellt einen wichtigen Punkt klar: Restschuldversicherungen werden vollkommen überteuert verkauft. Leider zeigt der Bericht aber erneut, dass die BaFin keine genauen Zahlen dazu hat, wie viele Restschuldversicherungen tatsächlich in Deutschland bestehen, oder gar wie viele Verbraucher ein solches Produkt haben. „Ohne zu wissen, wie viele und welche Verbraucher ein Produkt nutzen, ist effektiver Verbraucherschutz aber lediglich Glückssache”, sagt Dirk Ulbricht, Direktor des gemeinnützigen institut für finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg. Um bei der Vielzahl der Produkte nicht den Überblick zu verlieren, muss man zuerst die Produkte ausmachen, die vielen Menschen nachhaltig schaden können. „Die BaFin hat sich bislang vor allem mit Produkten beschäftigt, die die meisten Verbraucher, wenn überhaupt, nur vom Hörensagen kennen”. 

Es kann auch sinnvoll sein, sich auf die Produkte zu konzentrieren, die weniger wehrhafte Menschen betreffen. Jemand, dem es finanziell gut geht, der informiert ist und sich zu helfen weiß, ist nicht so schnell existenziell bedroht und kann sich möglicherweise auch selbst zur Wehr setzten. Dafür muss man sich als Aufsicht, die sich dem Verbraucherschutz zumindest als Nebenziel widmet, eine Übersicht verschaffen, wer welches Produkt gekauft hat. 

Die BaFin kennt aber weder genau die Anzahl der bestehenden Restschuldversicherungen, noch, wer diese Produkte wofür abgeschlossen hat. So stellt die BaFin gleich zu Anfang der Studie fest, dass der Markt für Restschuldversicherungen vergleichsweise klein, gleichwohl nicht unbedeutend sei. Das macht sie an der Anzahl geschlossener Verträge und auch der Versicherungssumme fest. Danach stellt sie als Beleg die „Erstversicherungsstatistik für Restschuldversicherungen mit Überschussbeteiligung, die bei den unter Aufsicht der BaFin stehenden Lebensversicherern im Rahmen von Kollektivverträgen abgeschlossen wurden” dar. 

Diese Zahlen wiederum haben im April dieses Jahres auch schon den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in die Irre geführt. Auf eine kleine Anfrage der Grünen hin wurde auf dieser Datenbasis festgestellt, dass der Markt in Deutschland rückläufig sei. Die Erstversicherungsstatistik ist aber auf geradezu groteske Weise unbrauchbar. Von 2014 auf 2015 war laut dieser Statistik die Zahl der Verträge plötzlich von 1,3 auf 2,6 Millionen Verträge gesprungen. Was war passiert? Ein (!) Unternehmen hatte sich dazu entschlossen, seine im Ausland ansässige Tochter in die Muttergesellschaft einzugliedern. Damit änderte sich die Aufsicht, plötzlich war die BaFin zuständig, und die Versicherungen zählten für die angeführte Statistik. Was fehlt: Eine konsolidierte Statistik aller Restschuldversicherungen, die in Deutschland lebende Verbraucher betreffen.

Übrigens: Mit welchem Produkt verglichen wurde, um festzustellen, dass der Markt vergleichsweise klein ist, wird nicht gesagt. Wie die BaFin selbst schreibt, könnte der Markt immerhin 8,2 Millionen Versicherte betreffen. Wie diese Zahl eigentlich zustande kommt, wäre auch interessant, wird aber nicht erwähnt. Immerhin, die BaFin räumt in vier Spiegelpunkten die Defizite der Statistik ein. Warum sie sie dennoch auch hier wieder anführt, ist nicht nachvollziehbar. 

Was aber kann die BaFin tun, um aussagekräftige Zahlen zu Restschuldversicherungen zu erhalten und der Öffentlichkeit bekannt zu machen? Sie könnte die anderen europäischen Aufsichten um Mithilfe bitten und die Daten zusammentragen. Auf eine entsprechende Anfrage des iff hin hatten lediglich sieben Aufsichten reagiert.