LIECHTENSTEIN – EIN TIGERSTAAT?

Die Liechtenstein-Affäre schlägt hohe Wellen in Deutschland und Italien, weil ein Angestellter die Adresslisten verkauft hat. Der Zwergstaat mit der Bevölkerung einer Kleinstadt zählt 60.000 Stiftungen, in denen Geld versteckt und Steuern hinterzogen werden. Er, der Kleinststaat erklärt mit seinem von den ausländischen Interessenten dem "Gemeinderat" von Liechtenstein vorgelegten und akzeptierten Papierchen "Futuro" der Welt, man wolle noch mehr davon und das angelsächsische Trust Konzept verwirklichen. Mehr Schutz für Fluchtgelder und Steuerhinterzieher verspricht das Papier. Sind EU, OECD und USA machtlos gegenüber diesem Kleinststaat, der nicht einmal die Gelder selber verwalten kann sondern sie überwiegend im Ausland anlegt? Traut sich niemand, dem Zwergstaat einen Wirtschaftsboykott anzudrohen? Wie mächtig ist Liechtenstein eigentlich, wenn es als einzige Retorsion eine Ausstellung des Fürstenhauses in München absagen kann?

WER BEZAHLT IN DEUTSCHLAND DAS GEMEINWOHL?

Aus den Steuerstatistiken wissen wir, dass aus den Renditen der 4 Bio € Geldvermögen der Wohlhabenden auch nach der Einführung der Quellensteuer kein nennenswerter Betrag der Gemeinschaft an Steuern zufließen. Mehr als 80% des Steueraufkommens erbringen Arbeitnehmer und Verbraucher aus Lohnsteuer (28%) Mehrwertsteuer (32%) und Konsumsteuern (22% Benzín, Kfz und Tabak). Die Vermögenden tragen 2% mit ihrer Einkommenssteuer und noch mal 2% Zinsabschlagssteuer bei. Ca. 10% tragen die Unternehmen bei.

Unser Steuersystem ist mit seinen Abschreibungen sicherlich zu einem großen Teil daran Schuld. Eine vielleicht doch weit größere Schuld aber trägt die Kriminalität der Reichen, die ihre Einkommen statt zu versteuern verstecken, verlagern und verwandeln.

SCHULD SIND DIE ANDEREN STAATEN, WEIL SIE FLUCHTMÖGLICHKEITEN BIETEN?

Dagegen könne der Fiskus nichts machen, sagt der Finanzminister und warnt mit den Banken davor, in Deutschland Vermögen zu besteuern. Die Reichen gehen halt dann mit ihrem Geld ins Ausland. Mit diesem Argument wird auch in allen industriellen Ländern eine Gesetzgebung für mehr Steuergerechtigkeit blockiert. Schuld sind eben die anderen und hier vor allem die Steuerparadiese.

Steuerparadiese liegen weit weg, verlangen keine Auskunft, decken Kriminelle und Geldwäsche und scheinen die Großmächte mit ihrer Macht in die Schranken zu weisen.

WER SIND DIESE STEUERPARADIESE

OECD (2000 Progress Report: Towards Global Tax Co-operation: Progress in Identifying and Eliminating Harmful Tax Practices), der neueste EU-Gipfel haben sich mit den Steuerparadiesen beschäftigt. Dazu gibt es noch eine Recherche von Diamond, auf die alle zurückgreifen. (Diamond, W. H. und Diamond, D. B. (2002) Tax Havens of the World. Matthew Bender Books. nach: Dharmapala, Dhammika und Hines Jr., James R. (2006)) Wir haben noch eine Aufstellung der italienischen Zeitung Corriere de la Sera hinzugenommen. Dabei ist folgende Liste von 55 Staaten herausgekommen:

Alderney; Andorra ; Anguilla ; Antigua und Barbuda ; Arab. Emirate; Aruba* ; Bahamas ; Bahrain ; Barbados ; Belize ; Bermuda ; Britische Jungferninseln ; Brunei; Cayman-Inseln ; Cookinseln ; Dominica ; Dominkan. Republik; Gibraltar ; Grenada ; Hongkong** ; Insel Man ; Irland** ; Jersey; Jordanien** ; Jungferninseln* ; Kanalinseln ; Libanon** ; Liberia ; Luxemburg** ; Macao** ; Malediven ; Malta ; Marshallinseln ; Mauritius* ; Monaco ; Montserrat ; Nauru* ; Niederländische Antillen ; Niue* ; Panama ; Phillipinen; Saint Lucia ; Samoa* ; San Marino; Schweiz** ; Seychellen* ; Singapur** ; St. Kitts und Nevis ; St. Vincent und die Grenadinen ; Tonga* ; Tschibuti; Turks- und Caicosinseln ; Vanuatu ; Zypern

Nun wird man bei keinem dieser Staaten den Eindruck haben, es handele sich um Großmächte, die der G8 oder dem Basel Komittee das Fürchten lernen könnten.
Warum also gibt es sie und warum kann man so wenig gegen sie machen.

DIE LONDONER CITI – IM WELTMASSSTAB

Mehr Aufschlüsse erhalten wir, wenn wir diese Länder einmal danach sortieren, wem sie zugehören. Dann wird die Liste schon erheblich übersichtlicher.

GROSSBRITANNIEN (VEREINIGTES KÖNIGREICH) BEHERRSCHT ZWEI DRITTEL ALLER STEUERPARADIESE

Direkt zum vereinigten Königreich als Kronkolonie oder als Teil gehören folgende 13 Staaten:

Alderney; Anguilla ; Bermuda ; Britische Jungferninseln ; Cayman-Inseln ; Gibraltar ; Hongkong** ; Insel Man ; Jersey; Jungferninseln* ; Kanalinseln ; Montserrat ; Turks- und Caicosinseln

Als ehemalige Kolonien und Teil des Commonwealth unter britischer Krone sind die folgenden 23 Steuerparadiese (davon zwei über Neuseeland):

Antigua und Barbuda ; Bahamas ; Barbados ; Belize ; Brunei; Dominica ; Grenada ; Irland** ; Malediven ; Malta ; Mauritius* ; Nauru* ; Niue* ; Saint Lucia ; Samoa* ; Seychellen* ; Singapur** ; St. Kitts und Nevis ; St. Vincent und die Grenadinen ; Tonga* ; Vanuatu ; Zypern.

Insgesamt beherrscht die Citi von London direkt damit 2/3 aller Steuerparadiese.

USA UND DIE NIEDERLANDE- DEUTSCHLAND, FRANKREICH DEN REST

Nimmt man noch die USA mit ihren traditionellen Einflussstaaten Liberia ; Marshallinseln ; Panama ; Phillipinen; Arab. Emirate; Bahrain ; Dominkan. Republik hinzu, zählt die Niederlande mit Aruba und den Niederländische Antillen sowie die drei Vasallen Frankreichs (Luxemburg; Monaco; Tschibuti), und die deutschsprachigen Eldorados (Schweiz; Liechtenstein, Luxemburg) hinzu, dann bleibt nur noch San Marino für Italien und Andorra für Spanien und Frankreich übrig.

DIE G8 SIND DIE WAHREN STEUERHINTERZIEHER

Man kommt zu dem Schluss, dass praktisch England nicht nur die Finanzwelt sondern auch deren Schlupflöcher beherrscht, dass wenn Deutschland, Frankreich und die USA hinzukämen, der Rest vertreten wäre.
Es ist also merkwürdig, dass man von Zwergstaaten spricht, wo es in Wirklichkeit um eine sozial- und innenpolitische Frage der EU geht. Fünf zusammen könnten morgen das Problem lösen, wenn sie ihre schützende Hand von den Steuerhinterziehern nehmen würden. Der Rest ist Heuchelei.

STEUERREFORM TUT NOT

Unser Steuersystem ist faul. Es beruht auf zwei falschen Voraussetzungen: die liquide Besteuerung von Sachvermögen sowie einer überholten mathematischen Steuerformel, die nominal statt exponentiell rechnet.

GRUNDÜBEL UNSERES STEUERSYSTEMS: GELDSTEUER AUF SACHVERMÖGEN

Unser Steuersystem ist sicherlich an der Wurzel faul. Sein Grundübel besteht darin, dass die Steuer in sofort fälligen Geldzahlungen besteht, während auch das illiquide (Sach)Vermögen besteuert wird.

Das erscheint zunächst gerecht, weil ja Reichtum und nicht Geldbesitz besteuert werden soll. Umgekehrt geht dies aber nicht, weil Sachvermögen ja auch einen wichtigen Zweck hat, nämlich als Maschine zu produzieren oder als Grundstück für die Produktion notwendig zu sein. Man kann nicht ein wenig heraustrennen und dem Staat geben. Dann zerstört man die Produktion und zwingt zum Verkauf. Andererseits darf es aber auch nicht sein, dass man sein Geldvermögen in Sachvermögen anlegt und damit der Steuer entgeht.

Unser Steuersystem ist ein schlechter Ausweg. Im Prinzip wird alles gleich besteuert, dann aber 100.000 Ausnahmen gemacht, um die negativen Effekte bei Erbschaft, Unternehmensnachfolge, notwendigen Gegenständen etc nicht eintreten zu lassen. Von diesen Ausnahmen aber wiederum profitieren auch die Finanzjongleure, weil sie das Problem nicht anpacken sondern nur flicken. Fiktive Abschreibungen suggerieren, dass eine Maschine, die noch voll proudziert, nichts mehr wert ist, dass einem Grundstück, das sogar im Wert zugenommen hat, jährliche Wertminderungen zugerechnet werden.

Unser Steuersystem muss daher einen einfachen Gedanken verwirklichen:

Geld hat zwei Funktionen: die Wertübertragung und die Wertmessung. Wer mit dem Geld Werte übertragen will (und das will der Staat, der für seine Aufgaben mit der Steuer Liquidität und nicht (Sach)Vermögen braucht), der braucht beim Steuerpflichtigen Liquidität. Ist die nicht vorhanden, ruiniert die Steuer den Steuerpflichtigen. Umgekehrt aber muss der Staat alle gleich besteuern. Deshalb muss er auch Sachvermögen besteuern. Da das Geld das Sachvermögen in seinem Wert misst, muss der Staat mit dem Geld den Wert feststellen, der bei dem Vermögenszuwachs ihm zufließt.

Die Auflösung des Rätsels der (Geld)Steuer besteht somit darin, dass wir zwei Steuern brauchen, eine Steuer, die das Geld eintreibt und eine Steuer die den Anteil des Staates am Sachvermögen festlegt, damit bei dessen Liquidierung dann die Steuer fließen kann.

Wir müssen also zwischen fälliger Steuerschuld und nicht fälliger Steuerschuld unterscheiden. Das bedeutet, dass der Staat wie übrigens überall in der Wirtschaft einmal Geld und einmal Forderungen erhält, die auch das Risiko der Uneinbringlichkeit aufweisen. Diese Forderungen werden fällig, wenn aus dem Sachvermögen Liquidität entsteht. Braucht der Staat Geld, so kann er diese Forderungen verbriefen und an Anleger verkaufen oder beleihen (Securitisation und Factoring). Auf diese Weise hört der Betrug auf.

ZWEITES GRUNDÜBEL: DIE FALSCHE FORMEL

Niemand kann bei uns wissen, welchen Steuersatz er oder sie haben und was daher ein Euro Verdienst an Steuern kostet. Das vermischt sich noch damit, dass Dinge wie Kinder und Krankheit von einer liquiden Steuerschuld abgezogen werden, obwohl sie immaterielle Güter sind.

Unsere Steuer wird so berechnet, dass Einkommen und Vermögen in viele kleine Teile aufgeteilt wird und jeder Teil anders behandelt, bewertet und besteuert wird. Die als gerecht empfundene Steuerprogression ist damit ein Stufenmodell, bei dem nicht der Reiche höher besteuert wird als der Arme, sondern nur der Teil des Reichtums, der als solcher angesehen wird (z.B. das oberste Drittel des Einkommens.) Daher versuchen alle Reichen, diesen Teil zu verstecken.

Würde man stattdessen mit einer Wachstumsfunktion arbeiten, wie das in der Geldwirtschaft längst üblich ist (K*(1+i)^s) und auch die Einkommensprogression in eine Formel einer Parabel eingeben, so könnte man bundeseinheitlich für alle zwei Werte ausgeben:

Steuersatz und Progressionssatz.

Mit einem Taschenrechner könnte dann jeder, der weiß, was er insgesamt verdient, ausrechnen, mit wie viel jeder Euro seines Einkommens besteuert wird.

Nun brauchte nur noch festgelegt zu werden, wie hoch der unversteuerte Sockelbetrag ist, der sich aus der Summe der Abhängigen und der Art der Kosten ableitet und niemand brauchte mehr zum Steuerberater um herauszufinden, ob sich ein Hinzuverdienst überhaupt lohnt. Er lohnt sich dann immer, weil nicht der Zuverdienst sondern schon der erste Euro so besteuert wird. Gerecht wäre dies System auch im Unterschied zu den libreralen Sprungadressen, weil die Progression gleitend und für alle gleich ist und auch beliebig erhöht oder erniedrigt werden kann, je nachdem, wie es notwendig ist.