FRANKREICH – EIN ENTWICKLUNGSLAND IN SACHEN FINANZIELLE ALLGEMEINBILDUNG?
Unter der Überschrift: „April – Monat der finanziellen Bildung in den USA“ beklagt Pascale Micoleau-Marcel von der IEFP, dass Frankreich das Schlusslicht bisher in der Kampagne um die finanzielle Allgemeinbildung bilde. In den USA sei beim Präsidenten der USA ein Rat für finanzielle Bildung gegründet worden, der amerikanische Kongress habe den April zum Monat der Finanzbildung erklärt und der Economist habe in einem Überblicksartikel über die vielfältigen Initiativen zu diesem Thema im angelsächsischen Raum geschrieben.
Immerhin sei jetzt auch in Frankreich mit der Gründung des Instituts für finanzielle Allgemeinbildung (l’Institut pour l’Education Financière du Public) durch die Finanzaufsicht ein erster Schritt getan, obwohl das öffentliche Bewußtsein in FRankreich noch fehle. Auch sei die Sparquote von 15% in Frankreich noch beruhigend.
Gemeinsamer Grundstock aller finanzieller Allgemeinbildung sei ein solides Grundlagenwissen z.B. über Rechtsbegriffe wie Vertrag und Vertragstreue bei Miete, Arbeit, Kauf, Eheschließung, Geburt aber auch bei der Eröffnung eines Girokontos. Aber wo lernt man das, fragen die Verfasser.
Man solle vom Ausland lernen. Hierfür gäbe es Anfang Mai in Washington eine Konferenz der OECD und der amerikanischen Regierung.
Zu einer Zeit, wo in der Schule Wirtschaft und Soziales gelehrt werde, frage man sich, warum nicht auch finanzielle Bildung integriert würde.
Man müsse den jungen Menschen erklären, wie wichtig eine Versicherung gegen die Risiken des Lebens sei und welche Sparformen sich rentierten. Darüber wüßten die Franzosen einer Umfrage des Instituts SOFRE aus dem Jahre 2004 allzu wenig.
DER BLICK NACH DEUTSCHLAND
Le projet Schülerbanking a été mis en place depuis trois ans par la ville de Hambourg en Allemagne en coopération avec la Caisses d’épargne de Hambourg. 100 écoles et 2000 élèves de 13 et 14 ans y participent. Il commence à être repris dans d’autres régions. Élaboré par l’institut indépendant IFF, le projet consiste en une séquence pédagogique de deux modules (le compte en banque ; le crédit) fondée sur des études de cas correspondant à des situations réelles de jeunes. Les élèves travaillent en petits groupes. Des entretiens avec des conseillers bancaires, la confrontation des questions posées et des réponses fournies, font partie de la pédagogie.
www.schuelerbanking.de (en Allemand seulement)
Dernière mise à jour le 3 décembre 2007
IST AUCH DIE KRITISCHE DISKUSSION IN FRANKREICH ANGEKOMMEN?
Der französische Artikel übernimmt doch relativ kritiklos die US-amerikanische Sicht, wonach finanzielle Allgemeinbildung die Kompetenz der Verbraucher stärken muss, um mit Finanzdienstleistungen besser umzugehen.
Die aktuelle Finanzkrise hat aber gezeigt, dass solche Kompetenz, die zweifellos in den USA seit Jahrzehnten stärker gefördert wird, wenig ausrichten kann, wenn Verbrauchern inkompetente und gefährliche Produkte in der persönlichen Krise aufgezwungen werden. Zu viel Kenntnis von Finanzdienstleistungen kann sogar dazu führen, das Pseudo-Argumente verfangen, wonach risikoreiche Produkte sich schon lohnen werden. Die Scheu vor dem Unbekannten ist oft hilfreicher als das Halbwissen über Angebote, die in sich schädlich sind.
Die aktuelle Kampagne der Bush-Regierung zusammen mit der OECD, an der sich auch die EU-Kommission mit ihrem wahllosen Haufen an Initiativen für mehr „financial Capability“ beteiligt, lenkt von den aktuellen Lernproblemen des Finanzsystems ab. Nicht die Verbraucher sind unfähig, die Finanzprodukte zu erwerben, die sie brauchen, sondern die Finanzindustrie ist unfähig, die für Verbraucher richtigen und notwendigen Produkte zu entwickeln. Dies sagt immerhin der Chef der US Zentralbank, wenn er die Kamikaze Aktion von 30% der Kreditnehmer kommentiert, die in der Niedrigzinsphase in den USA von den sicheren Langfristkrediten auf variable Kurzfristkredite umgestiegen sind, die sie jetzt ruinieren.
In Deutschland gehören dazu der massenhafte Abschluss von Restschuldversicherungen, die reine Betrugsprodukte sind oder aber die neueste Kampagne von Lidl, die Kreditkarten unters Volks bringen verbrämt mit einer Riester-Rente, wobei jede Nutzung der Kreditkarte angeblich die Altersvorsorge befördern soll. Konsum als Sparen. So viel Volksverdummung können ein paar öffentlichkeitswirksame Kongresse nicht aufwiegen.
Wir freuen uns, wenn das Ausland auf die iff Projekte zur finanziellen Allgemeinbildung aufmerksam wird. Es wäre aber schön, wenn sie auch erkennen könnten, dass wir es uns nicht so leicht wie der Economist machen, der im schlechtesten Finanzartikel dieses Jahres einen Unsinn zusammenschreibt, wonach alle Beteiligten bei ihrer neuerlichen Kampagne nur das Wohl der Verbraucher im Auge hätten.
Nur Kreditinstitute, und die gibt es Gott-sei-Dank, die sich dazu bekennen, auch selber mitlernen zu wollen, können einen solchen Anspruch einlösen. Im Hamburger Projekt Schülerbanking heißt der Slogan: Schüler fragen, Banker antworten. Wichtig sind die richtigen Fragen der Schüler und die werden nicht fragen, ob sie Verträge halten müssen und immer schön brav zahlen sollen sondern auch Fragen stellen, warum Produkte so kompliziert sind, warum die oder jene Gebühr in der Not der Kunden gesondert anfällt, warum Banken sozial diskriminieren, mit Scoring ganze Schichten belasten etc.
Finanzielle Allgemeinbildung für Alle aber keine finanzielle Alphabetisierung (financial literacy (OECD, UK FSA, US-Regierung), wo die Wirtschaft die Grammatik von Finanzen, Investition und Kredit einseitig vorgibt und die Kinder sie in der Schule zu schlucken haben, ist die Devise.
Der europäische Kontinent hat hier eine eigene Tradition, die in den Lernprozessen bei Schultze-Delitsch, Raiffeisen und in den Kommunen des 19. Jahrunderts begann und zu Spar- und Kreditvereinen geführt hat. Diese Tradition gilt es in die Entwicklungsländer zu exportieren statt sie über fremdfinanzierte Kleinkredite abhängig zu halten.