Seit langem kämpfen die Verbraucherverbände gegen wucherisch überhöhte Restschuldversicherungsprämien beim Ratenkredit, bei denen der größte Teil der Prämie für den Verbraucher und die Gerichte unerkennbar in Form einer Innenprovision an die Bank zurückfließt und damit ohne Berücksichtigung im Effektivzins oder bei der Wucherprüfung den Kredit extrem verteuert. Mit diesem System haben Banken bis zu 100% Zinsaufschlag verschleiert und durch wiederholte Umschuldungen, bei denen die im voraus über eine Mitfinanzierung im Kredit bezahlte Prämie überwiegend nicht erstattet wurde, dieses System noch perfektioniert. Aus 14 % wurden dadurch leicht effektiv 30 % pA. Die Wucherrechtsprechung hat dies bisher ignoriert und die Prämie nicht mitberücksichtigt. Auch wurde sie nicht als verschleierter Zins gewertet.
Eine andere Möglichkeit, dagegen vorzugehen, bestand darin, in der Mitfinanzierung der Prämie eine Verbindung von Kredit und Versicherung zu sehen und deshalb ein Widerrufsrecht auch für die Restschuldversicherung anzunehmen, wie es im BGB für verbundene Geschäfte angeordnet wird.
In einem Gutachten des iff für den DAV wurde diese Möglichkeit eingehend untersucht und im Ergebnis bejaht, wobei dies vor allem praktische Bedeutung hat, weil bei Verbraucherinsolvenz auf diese Weise die Insolvenzverwalter die Möglichkeit gehabt hätten, wegen fehlender Widerrufsbelehrung wenigstens die Prämie zur Masse zu ziehen und daraus ihre Kosten zu bezahlen. Auf diesem Umweg hätte eine Prozesslawine ermöglicht werden können.
Der Bundesgerichtshof hat nun den Streit der Oberlandesgerichte hierzu entschieden und bei den finanzierten im voraus zu zahlenden Prämien im Ratenkredit (bei Hypothekenkrediten ist die Lage anders) ein verbundenes Geschäft angenommen. Da die aktuellen Widerrufsbelehrungen dies ignorieren, sind Verträge mit überhöhten vorfinanzierten Restschuldversicherungen jetzt auf diese Weise widerruflich geworden. Die Verbraucher erhalten die Chance, das Geld zurückzubekommen. Bei mehreren Millionen Restschuldversicherungen (60% der Ratenkredite sind so versichert) dürfte es sich hier um ein ganz entscheidendes Verbraucherschutzurteil handeln.
Die Presseerklärung des BGH hat folgenden Wortlaut.
Nr. 254/2009
Ein Verbraucherdarlehensvertrag und eine für diesen abgeschlossene Restschuldversicherung können verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB bilden
Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Darlehens- und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte bilden können. Diese Frage war bislang in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der rechtswissenschaftlichen Literatur unterschiedlich beurteilt worden.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine Bank, nimmt die beklagten Eheleute auf Rückzahlung eines gekündigten Darlehens in Anspruch. Die Beklagten hatten gleichzeitig mit dem Darlehensvertrag einen Restschuldversicherungsvertrag abgeschlossen, zu dessen Finanzierung die Darlehenssumme erhöht worden war. Sie sind der Auffassung, der Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag bildeten verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB. Da die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung nicht den bei verbundenen Geschäften zu beachtenden Anforderungen entspreche, seien sie noch zum Widerruf des Darlehensvertrages berechtigt.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte sind, weil das Darlehen teilweise der Finanzierung der Restschuldversicherung dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Hierfür ist maßgeblich, dass beide Verträge wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, dass der Darlehensvertrag die teilweise Verwendung des Darlehens zur Bezahlung der Versicherungsprämie vorsieht und dass den Beklagten die freie Verfügungsmöglichkeit über den unmittelbar an die Versicherungsgesellschaft gezahlten Teil des Darlehens genommen war. Die Wirksamkeit des Restschuldversicherungsvertrages war zudem vom Zustandekommen des Darlehensvertrages abhängig. Die Versicherungsgesellschaft wird im Darlehensvertrag als „Partner“ der Klägerin bezeichnet.
Urteil vom 15. Dezember 2009 XI ZR 45/09 Karlsruhe, den 15. Dezember 2009 LG Köln – 15 O 494/07 – Entscheidung vom 22. April 2008; OLG Köln – 13 U 103/08 – Entscheidung vom 14. Januar 2009 Auszugsweise wiedergegebene gesetzliche Regelungen: § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB: Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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