Die Bundesbank ist für Geldpolitik zuständig. Sie hat jetzt jedoch einen Bericht zur Sozial- und Vermögenspolitik vorgelegt, der mit den anderen Zentralbanken abgestimmt ist. Danach haben die Deutschen per Saldo ein Vermögen von 195.200 Portugiesen sind dagegen reicher als die Deutschen.Außerdem haben sie Schulden von 27.000 .
Ein paar Zweifel an diesem Ergebnis haben die Autoren der Studie in der Presse doch geäußert. Sie hoffen, dass sie keinen Fehler gemacht haben.
Vermögen
Sie haben Fehler gemacht. Sie haben Wohlstand mit Währung verwechselt. Wenn 84% der Portugiesen und noch mehr Rumänen im eigenen Heim wohnen, während das in Deutschland nicht einmal die Hälfte ist, dann ist das Ausdruck von Armut und darf nicht mit einem fiktiven Hauspreis einfach als Vermögen angerechnet werden. Wohnen tut man in beiden Staaten und im Zweifel in Deutschland besser ausgestattet. Der Geldschleier suggeriert, man könne das „Wohnen” verkaufen und dann mit dem Geld reich sein, obwohl man obdachlos ist, weil es weder in Portugal noch Rumänien und auch nicht in den USA für Ärmere einen Mietwohnungsmarkt gibt. Die Existenz dieses Marktes in Deutschland, der übrigens von Staat und Gewerkschaften aufgebaut wurde, ist also unser Reichtum. Man kann sich den Unsinn des Zusammenzählens von Geldwerten der Nutzungsgegenstände auch schnell anders klar machen. Angenommen, alle portugiesischen Hausbesitzer wollen nun so wie die Deutschen liquides Vermögen haben, also im Durchschnitt 220.200 (Schulden stören ja dabei nicht). Dann müssten sie ihre Häuser verkaufen. Es gibt dafür aber keine Käufer.
Was dann passiert, sehen wir in Spanien, Großbritannien und den USA. Selbst ein paar Zwangsversteigerungen führen zum Absturz der Hauspreise. Plötzlich sind also die Portugiesen arm. Waren sie es in der Statistik nicht schon vorher? Selbstverständlich. Es ist nur die unsinnige Geldbrille, die alles in Geld umrechnet, auch wenn es sich nicht in Liquidität verwandeln lässt. Der Graf mit seinem Schloss ist dann reich, auch wenn er es verschenken muss, weil er die Auflagen zur Denkmalpflege nicht erfüllen kann.
Schulden
„47% der Haushalte haben Schulden“, heißt es und die werden dann noch als Durchschnittswert auf alle umgelegt. „Das Bild der finanziellen Situation der Haushalte wird durch einen Blick auf die Verschuldung abgerundet: Laut PHF haben 47 % der Haushalte in Deutschland Schulden – denen aber in den meisten Fällen auch Vermögen gegenüber stehen. Zu den Schulden gehören in der Studie sowohl besicherte Kredite (Hypotheken) …“ Das heißt also, dass der Villenbesitzer, der sein Haus möglich teilgewerblich nutzt und zu 50% finanziert hat, um die Zinsen abzusetzen, „Schuldner“ ist, während der Mieter, der die Rückgabe der ganzen Wohnung „schuldet“, schuldenfrei ist? Die Statistik verwechselt hier Schuld und Verpflichtung. Da niemand alles sofort bezahlt gibt es keinen Menschen in der Gesellschaft, der nichts schuldet. So sieht das auch das Recht, das deshalb jeden als Schuldner ansieht, der eine Verpflichtung hat. Der Schuldenbegriff taugt daher nicht für die Vermögensstatistik. Es geht um Kreditverpflichtungen im Verhältnis zum Ersparten oder Finanzierten. Gemeint sind Kreditschulden, wobei hier auch noch Sachkredite (Miete) willkürlich ausgeschlossen werden. Letztlich sagt die Statistik damit gerade nichts über die Vermögenssituation der Deutschen (und Ausländer) aus. Wir haben dies auch als Selbstkritik in den letzten iff-Überschuldungsreport hineingeschrieben. Die Bundesbank sollte der Vorreiter sein, der Ideologie von Schuld und Schulden ein Ende zu machen und beim Vermögen zwischen Geld- und Sachvermögen genau zu unterscheiden und dagegen die Kreditverpflichtungen von den rückständigen Schulden trennen sowie dort, wo die Geldform als Verpflichtung nur die Nutzung des Gegenstandes verdeckt (Haus und Hypothek, Auto und Darlehen), beides einander zuzordnen. Die Details sind hier schwierig aber ohne dieses Umdenken wird einer Prangermentalität (etwa bei den „Schuldnerstaaten“) Vorschub geleistet, die nur auf Dummheit und Unwissen beruht. Finanzielle Allgemeinbildung beginnt daher in der Presse.
Liquidität
Ein erster Schritt wäre es, wenn die Bundesbank bei Geld und das heißt, Kredit, bliebe und wie es die moderne Kreditwürdigkeitsprüfung längst tut, statt der (Vermögens)Bilanz die Liquiditätsrechnung der Menschen und Unternehmen (Cash flow) als Nachweis ihres Wohlstandes und ihrer Kreditwürdigkeit nehmen würde. Dann wäre das deutsche Vermögen etwas ganz anderes als das portugiesische. Langfristig besser aber wäre es noch, bei Armatya Sen, dem Nobelpreisträger oder der UN, die er beriet, nachzuschauen, wie man Wohlstand besser und ohne Umweg über einen fiktiven Geldwert berechnen kann. Dann hätte man auch früher erkannt, dass China mit seinem Gesundheits- und Bildungssystem schon reich war, als man es unter die Entwicklungsländer einreihte und seine Geldfonds noch nicht die amerikanische Altersvorsorge aufgekauft hatten. Dies Vorgehen wäre auch wichtig, weil die Bundesbank dann beim Sanieren notleidender Kredite und Geldforderungen die Faktoren des wirklichen Reichtums einer Gesellschaft in ihre Entscheidungen einbeziehen könnte und nicht unterschiedslos über die EZB alles aufkaufen würde, gleichgültig ob es Wetten oder Investitionen waren, die schief gingen. Bei den Volkswirten wird man leider wenig Hilfe bekommen. Die Illusion, Geld sei schon Reichtum und Geldwert eine natürliche Eigenschaft jedes Gegenstandes, wirkt wie eine Geldbrille.
Vgl. zum Ganzen den iff-Report zu den Equity-Release-Schemes in Europa, wo es darum ging, für die EU empirisch zu erfassen, welche Chancen das Haus für die private Altersvorsorge schaffe. Unsere Ergebnisse zeigten, dass die Liquidierung von Hausvermögen zur privaten Altersvorsorge in diesen Ländern eher ein Schimäre als eine Möglichkeit ist. Der Bericht ist auch als Buch erschienen.