Kerditkompetenz

Im Rahmen des Forschungsprojekts, gefördert von der Joachim Herz Stiftung, wurde erstmalig das Konzept Kreditkompetenz erarbeitet, um einen Beitrag zur besseren Vermittlung von Kreditkompetenz bei jungen Menschen zwischen 16 und 20 Jahren zu leisten. Dabei ging es zum einen darum zu verstehen, was Kreditkompetenz ausmacht und zum anderen zu erarbeiten, wie man diese bei jungen Menschen stärken kann.

Indem Kreditkompetenz nicht allein auf das Wissen in Bezug auf Kreditchancen und -risiken und dessen Anwendung in Deutschland bezogen, sondern um Wissen zu irrationalem Verhalten und dessen Bedeutung für eine Kreditentscheidung im konkreten Fall erweitert wird, wurde in diesem Forschungsprojekt ein innovativer Ansatz von Kreditkompetenz erarbeitet.

Für das Projekt wurden unter anderem eine Online Umfrage mit 1.016 Personen zwischen 16 und 20 Jahren, mehrere Fokusgruppendiskussionen mit der Altersgruppe sowie Interviews mit Expert:innen aus den Bereichen Schuldnerberatung, Verbraucherzentralen, Wissenschaft und Anbietern durchgeführt.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Finanzbedarfe, die ggf. in Kreditanlässe münden, existieren bereits für junge Erwachsene. Diese kreditrelevanten Finanzierungsbedarfe können sowohl geplant als auch ungeplant auftreten. Die wesentliche Zugangsbeschränkung zu Krediten besteht für junge Erwachsene in ihrem geringen Einkommen, weshalb bonitätsunabhängige und dadurch vergleichsweise teure Finanzierungsangebote besonders nachgefragt sind. Darunter fallen Dispositions-, Überziehungs- und Kreditkartenkredite aber auch Mini- und Kurzzeitkredite.
  • Das Kreditangebot für volljährige junge Erwachsene ist vielfältig und durch digitale Angebote gerade für junge Erwachsene immer leichter zugänglich.
  • Die Informationsbewertung bei finanziellen Entscheidungen der jungen Kreditinteressierten ist geprägt ist durch ihr soziales Umfeld und ihre Geschäftsunerfahrenheit.
  • Die Risiken der Kreditaufnahme haben ihren Ursprung in lückenhaften gesetzlichen Rahmenbedingungen und für Kreditnehmer:innen nachteiligen Praktiken der Kreditanbieter.
  • Daraus folgt die Notwendigkeit von Kreditkompetenz für jeden, der am Kreditmarkt teilnehmen will, damit Verbraucher:innen vorteilhafte Kreditentscheidungen treffen können. Diese beinhaltet Handlungs- und Faktenwissen in den folgenden Themenfeldern:
    • Um Informationen aus verschiedenen Quellen einordnen und für die eigene Entscheidungsfindung bewerten zu können, bedarf es eines Verständnisses über die Rollen der beteiligten Akteure im Kreditwesen.
    • Um bei der Fülle an niedrigschwelligen Kreditangeboten, die jungen Erwachsenen zur Verfügung stehen, den Überblick zu behalten, bedarf es der Fähigkeit Kredite zu identifizieren und ihre Konditionen zu vergleichen.
    • Damit die verbraucherschutzrechtlichen Instrumente zur Stärkung der Verhandlungsstärke von Kreditnehmer:innen Wirkung entfalten können, bedarf es Wissen zu den mit einer Kreditaufnahme einhergehenden Rechten und Pflichten.
    • Um mit Überschuldungssituationen frühestmöglich umzugehen, bedarf es einer Sensibilität für finanzielle Überlastungssituationen und Kenntnisse zu professionellen Anlaufstellen.
    • Kenntnisse zu typischen Fallstricken des menschlichen Verhaltens, die zu unvorteilhaften Kreditentscheidungen führen, können junge Erwachsene vor eben solchen bewahren.
  • Die Kreditkompetenz der jungen Erwachsenen liegt im Durchschnitt bei 46 Prozent. Das offenbart erhebliche Wissenslücken der jungen Erwachsenen in den für Kreditkompetenz relevanten Themenbereichen.
    • Vielen jungen Erwachsenen sind nicht damit vertraut, hinter welchen Finanzprodukten sich eigentlich Kredite verbergen. Die Antworten aus der Onlinebefragung zeigen, dass z.B. Finanzierungsprodukte, die beim Kauf im (Online-)Handel angeboten werden, von den jungen Proband:innen gar nicht als Kredit erkannt werden. Das kann schlimmstenfalls zu hohen Kosten führen.
    • Die Kompetenz, Überschuldungssituationen zu erkennen und Umgangsformen mit dieser Situation zu kennen, sind bei jungen Erwachsenen in Deutschland wenig ausgeprägt.
    • Lediglich 35 Prozent der Befragten kennen Verbraucherzentralen, nur 28 Prozent der Befragten sehen Verbraucherzentralen als unabhängige Beratungsstelle und setzen eher auf ihre Bankberater:innen.

Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, Kreditkompetenz unter jungen Erwachsenen in Deutschland zu fördern. Die Erkenntnisse zu den Einflussfaktoren auf Kreditkompetenzen geben Hinweise darauf, worauf bei der Vermittlung geachtet werden sollte.

  • Junge Erwachsene müssen Erfahrungswissen zur Kreditaufnahme, welches Kreditkompetenz erhöht, erst erwerben und sind dabei auf Erfahrungen von Dritten angewiesen.
  • Der Austausch mit dem Elternhaus spielt hier eine wesentliche Rolle, führt aber auch dazu, dass kreditkompetente Eltern die Wahrscheinlichkeit kreditkompetenter Kinder erhöhen.
  • Um bei jungen Erwachsenen Chancengleichheit beim Erwerb von Kreditkompetenz zu fördern, kommt den niedrigschwellig für junge Erwachsene zugänglichen Institutionen, wie Bildungseinrichtungen, eine besondere Verantwortung zu. Diese haben das Potenzial Kreditkompetenz bereits im jungen Alter aufzubauen.
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